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Keine Verkürzung der Räumungsfrist bei Ausbleiben der Nutzungsentschädigung nach Prozessvergleich ohne diesbezügliche Regelung; §§ 721, 794a ZPO
LG München I, AZ: 14 T 17971/14, 07.10.2014
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Die erstmalige Verkürzung einer im Prozessvergleich vereinbarten Räumungsfrist rechtfertigt sich weder aus einer direkten noch einer analogen Anwendung der §§ 794 a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 ZPO.

Die Verkürzung einer Räumungsfrist zu Gunsten des Vermieters nach §§ 794 a Abs. 2 ZPO setzt zwingend voraus, dass dem Mieter zuvor erstmals – in der Regel nach Ablauf der im Vergleich vereinbarten Räumungsfrist – eine gerichtliche Räumungsfrist nach § 794 a Abs. 1 S. 1 ZPO bewilligt wurde.

Fehlt es an einer entsprechenden Regelung im Vergleich für den Fall der Nichtzahlung der wohl nach dem Vergleichszweck vorgesehenen Nutzungsentschädigung, so liegt zwar kein Fall des § 779 Abs. 1 BGB vor, da die Zahlung der Nutzungsentschädigung nach Vertragsabschluss nicht Vergleichsgrundlage sondern lediglich eine gewisse Erwartung über zukünftige Umstände darstellt.

Der Vermieter kann sich aber nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage von der bindenden Vereinbarung im Vergleich lösen. Denn die fehlgeschlagene Erwartung über den künftigen Eintritt bestimmter Umstände (hier die fristgerechte Zahlung der jeweils fälligen Nutzungsentschädigung) führt zu einem nachträglichen Wegfall der Vergleichsgrundlage (BGH WuM 1971, 276; Staudinger/Marburger, § 779 BGB Rn. 85).

Die Teilnichtigkeit der materiell-rechtlichen Komponente des Prozessvergleiches nach § 139 BGB wegen nachträglichem Wegfall der Geschäftsgrundlage führt in der Regel auch zur prozessualen Unwirksamkeit mit der Folge, dass der ursprüngliche Rechtsstreit auf Räumung und Herausgabe zwischen den Parteien fortzusetzen ist.

Auch ist es nicht so, dass der Wegfall der Geschäftsgrundlage einen weiteren Prozess nach sich ziehe, auch wenn nicht verkannt werden soll, dass letztlich durch den bloßen Zeitablauf in Folge der Wiederaufnahme des Verfahrens die Absicht schneller vollstrecken zu können, komplett vereitelt werden könnte.
Die Entscheidung des LG München zeigt, wie gefährlich es sein kann, wenn in einem Räumungsvergleich nicht mit geregelt wird, dass sich der Vermieter im Falle der ausbleibenden Nutzungsentschädigung eine Verkürzung der Raumungsfrist vorbehält.

Die Wiederaufnahme des Verfahrens wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist zwar eine rechtliche Lösung, wirtschaftlich und zeitlich wegen der bevorstehenden Erledigung aber wohl nicht ernsthaft in Erwägung zu ziehen.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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