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"Übliche" Renovierungsfristen sind starr und somit unwirksam, "üblicherweise" vereinbarte Fristen sind flexibel und wirksam §§ 307, 280, 281, 535 BGB !!!
BGH Karlsruhe, AZ: VIII ZR 283/07, 22.10.2008
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1. Zwar führt eine formularvertragliche Bezugnahme auf "die üblichen Fristen" zu einem starren Fristenplan und damit zur Unwirksamkeit einer Renovierungsklausel gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (Senatsurteil vom 5. April 2006 - VIII ZR 106/05, WuM 2006, 377 = NJW 2006, 2113: "Auf die üblichen Fristen wird insoweit Bezug genommen."). Die hier verwendete abgeschwächte Formulierung "Üblicherweise werden Schönheitsreparaturen in den Mieträumen in folgenden Zeiträumen erforderlich sein …" verleiht dem Fristenplan jedoch - für den durchschnittlichen Mieter erkennbar - den Charakter einer lediglich unverbindlichen Orientierungshilfe.

2. Ein auf die Vermeidung unnötiger Kosten bedachter Mieter wird daher schon bei Anstricharbeiten während des laufenden Mietverhältnisses eine farbliche Gestaltung wählen, die der für den Zeitpunkt der Rückgabe geschuldeten entspricht. Die daraus resultierende faktische Einschränkung der - grundsätzlich anzuerkennenden - Freiheit des Mieters, sich in den Mieträumen nach seinem Geschmack einzurichten, ist jedoch hinzunehmen.

3. Der BGH hat bereits entschieden, dass eine nur auf den Zeitpunkt der Rückgabe der Wohnung bezogene Farbwahlklausel, die den Mieter nicht auf eine spezielle Dekorationsweise festlegt, sondern ihm eine Bandbreite ("neutrale, helle, deckende Farben und Tapeten") vorgibt, die zu den unterschiedlichsten Einrichtungsstilen passt und deshalb für weite Mieterkreise annehmbar ist, den Mieter nicht unangemessen benachteiligt.

4. Dasselbe gilt für eine zu beurteilende Klausel, soweit sie "farbig gestrichenen" Holzteile betrifft. Sie legt den Mieter nicht auf einen bestimmten Farbton fest, sondern belässt ihm neben dem ursprünglich vorhandenen Farbton einen ausreichenden Entscheidungsspielraum in der Bandbreite heller Farbtöne. Dass der Mieter mit der Beschränkung auf helle Farbtöne oder die Farbe Weiß auf ein Spektrum festgelegt wird, das möglicherweise enger ist als die Bandbreite an farblichen Gestaltungen, die noch nicht als Vertragsverletzung anzusehen wären, rechtfertigt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht die Annahme einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters.

5. Fehlt es in Bezug auf "lackierte" Holzteile an einem Gestaltungsspielraum hinsichtlich der farblichen Gestaltung, weil die Klausel den Mieter insoweit auf den allein zulässigen ursprünglichen - bei Vertragsbeginn "vorgegebenen" - Farbton festlegt, ist auch diese bei umfassender Würdigung der hierdurch berührten Interessen der Parteien weitgehende Beschränkung der Gestaltungsmöglichkeit des Mieters nicht zu beanstanden. Denn auf Seiten des Vermieters fällt der Umstand ins Gewicht, dass bei einer transparenten Lackierung oder Lasur - anders als bei einem deckenden Farbanstrich - eine Veränderung des Farbtons entweder überhaupt nicht mehr oder nur mit einem Eingriff in die Substanz der lackierten/lasierten Holzteile (Abschleifen) rückgängig gemacht werden kann. Eine Veränderung der Mieträume, die eine Substanzverletzung zur Folge hat, ist dem Mieter aber nicht gestattet.
BGH, Urteil vom 22. 10. 2008 - VIII ZR 283/07
Der BGH hat in einer seiner legendären Entscheidungen mal wieder Recht gesprochen und festgestellt, dass für jeden durchschnittlichen Mieter erkennbar ist, dass die Verwendung des Wortes "üblicherweise" das Gegenteil von "üblich" in Bezug auf starre Renovierungsfristen bedeutet. Denn "üblich" ist die Regel und "überlicherweise" in der Regel die Ausnahme.

Üblicherweise sollen Gerichtsentscheidungen dazu beitragen, Rechtsunsicherheiten zu beseitigen. Üblich ist das aber nicht immer.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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