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Urteile zu Kategorie: Ãœberbau

Aus § 912 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt sich eine Duldungspflicht des Nachbarn nach § 1004 Abs. 2 BGB. § 275 Abs. 2 BGB begründet dagegen eine Einrede gegenüber dem Beseitigungsanspruch.
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 171/07, 18.07.2008
Bösgläubig handelt, wer im Bereich der Grundstücksgrenze baut und sich nicht, ggf. durch Hinzuziehung eines Vermessungsingenieurs, darüber vergewissert, ob der für die Bebauung vorgesehene Grund auch ihm gehört und er die Grenzen seines Grundstücks nicht überschreitet, §§ 912, 990 BGB.
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 360/02, 19.09.2003
Ist einem Grundstückseigentümer bewusst, dass er im Bereich der Grenze baut, handelt er grob fahrlässig, wenn er sich vor der Bauausführung nicht vergewissert, dass der für die Bebauung vorgesehene Grund ihm gehört bzw. während der Bauausführung nicht darauf achtet, dass die Grenzen seines Grundstücks nicht überschritten werden (Senat, BGHZ 156, 170, 171 f.).
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 152/07, 19.09.2008
Der Anspruch des Eigentümers nach § 985 BGB auf Herausgabe des unrechtmäßig und unentschuldigt überbauten Teils seines Grundstücks hängt nicht von der Durchsetzbarkeit seines Anspruchs nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Beseitigung des Überbaus ab.
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 147/10, 28.02.2011
§ 902 Abs. 1 Satz 1 BGB findet auf den Beseitigungsanspruch wegen einer Störung in der Ausübung des Grundstückseigentums keine Anwendung (Bestätigung u. a. von Senat, Urteil vom 23. Februar 1973 - V ZR 109/71, BGHZ 60, 235, 238).
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 141/10, 28.01.2011
Die zum Ausdruck kommende grundsätzliche Wertung des Gesetzgebers, dass nur ausnahmsweise von einem Eigentümer ein Eingriff in sein Eigentum hinzunehmen ist, führt dazu, dass allein das grundsätzliche Interesse an einer verbesserten Wärmedämmung als energetische Maßnahme nicht zu einer Duldungspflicht führt, § 912 BGB.
OLG Karlsruhe, AZ: 6 U 121/09, 09.12.2009
Eine Duldungspflicht gemäß § 912 Abs. 1 BGB bzw. entsprechend § 912 Abs. 1 BGB entsteht, wenn der Nachbar nicht vor oder sofort nach Grenzüberschreitung so rechtzeitig Widerspruch erhoben hat, dass eine Beseitigung des Überbaus ohne erhebliche Zerstörung möglich ist.
OLG Brandenburg, AZ: 5 U 58/07, 22.05.2008
Eine Verpflichtung zur Herstellung einer Brandwand nach § 26 Abs. 2 Nr. 2 BbgBauO setzt voraus, dass eine Wand in einer bestimmten Entfernung zur Nachbargrenze errichtet wird, nicht aber, dass durch eine Grundstücksteilung die Grundstücksgrenze an eine bereits bestehende Wand heranrückt, die bis dahin den bauordnungsrechtlichen Vorschriften entsprochen hatte.
OLG Brandenburg, AZ: 5 U 77/11, 21.06.2012
Ein Hinüberwachsen von Ästen und Zweigen auf das Nachbargrundstück löst einen Anspruch nach § 1004 BGB erst dann aus, wenn die Wesentlichkeitsgrenze überschritten ist.

Mit der Übertragung seines Eigentums an dem "störenden" Grundstück hat der Voreigentümer die rechtlich abgesicherte Möglichkeit verloren, über die störende Sache zu verfügen und auf sie einzuwirken. Damit entfällt eine Haftung.
OLG Nürnberg, AZ: 3 U 412/00, 13.06.2000
Balkone unterfallen dem Gebäudebegriff i.S.d. Grundbucheintragung. Die bevorstehende Errichtung von Balkonen, die auf die dienende Teilgrundstücksfläche hinüberragen sollen, stellt eine Beeinträchtigung der Grunddienstbarkeit dar.

So liegt eine Grenzüberschreitung im Rahmen des § 912 BGB auch dann vor, wenn sie lediglich in den Luftraum hinein erfolgt (BGH Urteil vom 21. Januar 1983 - V ZR 154/81 -NJW 1983, 1112).

Diese Wertung kann auch auf das Hinüberragen eines Balkons vom unbelasteten in den belasteten Grundstücksteil übertragen werden. Denn der Rechtsgedanke des § 912 BGB ist dem Grunddienstbarkeitsrecht nicht fremd (vgl. BGH, Urteil vom 09. Januar 1963 - V ZR 125/61).
OLG Karlsruhe, AZ: 12 U 117/13, 21.11.2013
Die Beteiligten haben die Möglichkeit, die Rechtsfolgen eines Überbaues durch Rechtsgeschäft auch abweichend von §§ 912 ff BGB zu bestimmen. Die Pflicht des Nachbarn zur Duldung des Überbaues folgt dann nicht aus § 912 Abs. 1 BGB, sondern aus dem Einverständnis; Art und Höhe der dem Nachbarn für die Inanspruchnahme seines Grundstücks gebührenden Entschädigung (§ 912 Abs. 2 BGB) bestimmen sich in einem solchen Fall mindestens in erster Linie nach dem Inhalt der getroffenen Vereinbarungen.

Diese allein schuldrechtlichen Abmachungen können aber die Parteien des Rechtsstreits als jeweilige Sonderrechtsnachfolger der früheren Grundstückseigentümer nicht binden.

Das bedeutet aber, daß dem Sonderrechtsnachfolger ein Anspruch auf Zahlung einer Überbaurente zusteht.
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 154/81, 21.01.1983
Die Vorschriften des BGB über den Grenzüberbau (§§ 912 - 916 BGB) sind entsprechend anzuwenden, wenn durch die Errichtung eines Gebäudes - ohne Überschreitung der Grundstücksgrenze - eine Grunddienstbarkeit beeinträchtigt wird.

Die gesetzlichen Ausschließungs- und Abwehrrechte des Eigentümers (§§ 903, 1004 BGB), die durch den Überbau verletzt werden, sind mindestens ebenso stark wie das Verbietungsrecht aus der Dienstbarkeit.
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 125/61, 09.01.1963
Wurde ein Zaun als Grenzanlage im Sinne des § 921 BGB, § 36 Abs. 1 S. 1 Buchst. a) NachbG NRW geschaffen, dürfen die etwa 9 cm breiten Zaunpfosten naturgemäß teils mehr auf dem einen, teils mehr auf dem anderen Grundstück stehen.

Die Beseitigung eines den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Zaunes ist auch dann treuwidrig, wenn der Zaun ohne vorherige Rücksprache mit dem Grundstücksnachbarn errichtet wurde.
LG Essen, AZ: 15 S 69/21, 19.05.2021
Anders als bei der Ausübung von Rechten der Wohnungseigentümer, bleiben die einzelnen Wohnungseigentümer auch bei Wahrnehmung von Pflichten durch die Wohnungseigentumsgemeinschaft einzeln verpflichtet und können verklagt werden.

Zwar ist es rechtlich nicht möglich, dass Nachbarn den Grenzverlauf zwischen zwei benachbarten Grundstücken mit öffentlich-rechtlicher Wirkung verbindlich festlegen. Eine solche Vereinbarung zwischen Nachbarn vor Beginn einer baulichen Maßnahme kann jedoch im Einzelfall eine grobe Fahrlässigkeit des Überbauers ausschließen.
AG Braunschweig, AZ: 112 C 43/19, 06.07.2020