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Wohnungseigentümergemeinschaft kann Gewährleistungsrechte wegen Mängel am Gemeinschaftseigentum gegen den Willen eines ebenfalls betroffenen Wohnungseigentümers an sich ziehen; §§ 634, 635 a. F. BGB; 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG
BGH Karlsruhe, AZ: VII ZR 266/13, 06.03.2014
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Hat eine Wohnungseigentümergemeinschaft durch Beschluss die Ausübung gemeinschaftsbezogener Gewährleistungsrechte wegen Mängeln an der Bausubstanz an sich gezogen, ist die fristgebundene Aufforderung zur Beseitigung der betreffenden Mängel mit Ablehnungsandrohung seitens eines einzelnen Wohnungseigentümers unwirksam, wenn diese mit den Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft kollidiert.

Das kann der Fall sein, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft in dem Zeitpunkt, in dem der einzelne Wohnungseigentümer die Mängelbeseitigung verlangt, diese nicht zulässt, weil sie eine weitere Klärung der gebotenen Mängelbeseitigungsmaßnahmen für erforderlich hält.

Der Erwerber von Wohnungseigentum ist grundsätzlich berechtigt, seine individuellen Ansprüche aus dem Vertrag mit dem Veräußerer selbständig zu verfolgen, solange durch sein Vorgehen gemeinschaftsbezogene Interessen der Wohnungseigentümer oder schützenswerte Interessen des Veräußerers nicht beeinträchtigt sind (vgl. BGH, Urteil vom 19. August 2010 - VII ZR 113/09).

Ein Wohnungseigentümer kann grds. großen Schadensersatz verlangen, den Erwerbsvertrag zu wandeln oder von ihm zurückzutreten.

Der einzelne Wohnungseigentümer kann nicht gegen den Willen der Wohnungseigentümergemeinschaft einseitig sein Interesse an einer sofortigen Mängelbeseitigung verfolgen. Eine diesem Interesse dienende fristgebundene Mängelbeseitigungsaufforderung ist unwirksam.

Die sich danach ergebende Einschränkung des Klägers in der Ausübung seiner aus dem Erwerbsvertrag mit der Beklagten abgeleiteten Rechte ist diesem Vertrag immanent. Die aus dem Gesetz abgeleitete Befugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft, die Durchsetzung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte der Erwerber an sich zu ziehen, überlagert dessen individuelle Rechtsverfolgungskompetenz (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42 Rn. 22) und bei einem relevanten Interessenkonflikt zwischen Wohnungseigentümergemeinschaft und einzelnem Erwerber auch dessen Befugnis, wirksam eine Frist zur Mängelbeseitigung mit Ablehnungsandrohung zu setzen.
Die Entscheidung des BGH zeigt erneut, wie misslich es im Einzelfall für einen Wohnungseigentümer sein kann, seine eigenen Rechte aus dem Kaufvertrag zu verwirklichen, wenn die Gemeinschaft die Geltendmachung von Rechten an sich gezogen hat.

Dieser unvermeidbare Konflikt wird nach der ständigen Rechtsprechung des BGH meist zu Lasten des einzelnen Wohnungseigentümers entschieden, auch wenn im vorliegenden Sachverhalt der BGH nicht anders entscheiden konnte. Denn der Werkunternehmer konnte aufgrund der Weigerung der Gemeinschaft zur Nachbesserung bis zur Klärung der erforderlichen Ausbesserungsmassnahmen dem einzelnen Wohnungseigentümer eine Mangelbeseitigung nicht einmal anbieten.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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