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Keine Unmöglichkeit, wenn veräußerte Kaufsache zurückerworben werden kann/ Einrede eines Mangels schließt Verzug aus; §§ 275, 286, 288, 437 ff BGB
LG Bochum, AZ: I-1 O 292/10, 15.07.2014
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An der Begründetheit der Klage vermag auch der unstreitige Vortrag, dass ein Teil der Kaufsache (hier: Briefmarken) in der Zeit zwischen Erlass des Anerkenntnisurteils und Durchführung des Nachverfahrens veräußert wurde, mit der Folge dass die Sammlung derzeit unstreitig unvollständig ist (im Vergleich zur aufgestellten Inventarliste), nichts zu ändern. Es liegt insoweit kein Fall der subjektiven oder objektiven Unmöglichkeit gem. § 275 Absatz 1 BGB vor. Der Kläger hat unstreitig vorgetragen, zur erneuten Vervollständigung der Sammlung durch Rückkauf der entsprechenden Marken in der Lage zu sein.

Ebenso wenig wirkt sich der streitige Vortrag des Beklagten (unterstellt man diesen als wahr) auf die Begründetheit aus, dass die Briefmarken zum Teil gefälscht oder durch unsachgemäße Entfalzung oder unsachgemäße Lagerung, welche zur Entstehung von Stockflecken geführt hat, beschädigt seien. All diese Einwendungen betreffen nicht die Frage der Wirksamkeit des Vertragsschlusses, sondern die Frage, ob der Kläger in der Lage ist, seine Verpflichtung aus dem Kaufvertrag, namentlich die Übergabe und Übereignung der geschuldeten Briefmarkensammlung, ordnungsgemäß zu erfüllen. Mängel an der Kaufsache, auch erhebliche, führen indes nicht zur Nichtigkeit des Kaufvertrages, sondern zur Anwendbarkeit der Gewährleitungsansprüche nach §§ 437 ff. BGB.

Der geltend gemachte Anspruch auf Verzugszinsen steht dem Kläger dagegen nicht zu. Voraussetzung des Anspruchs auf Verzugszinsen gem. §§ 286, 288 BGB ist, dass sich der Schuldner mit der Leistung in Verzug befindet. Bereits das Bestehen einer Einrede schießt jedoch den Verzugseintritt aus, unabhängig davon, ob sich der Beklagte als Schuldner auf diese Einrede berufen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Absatz 1 ZPO, da die Abweisung der Zinsforderung zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urteil vom 04.06.1992 - IX ZR 149/91 Rn. 108 zitiert nach juris; OLG Koblenz, Urteil vom 13.07.2006-7 U 1801/05, Rn. 58 zitiert nach juris). Diese wirkt sich zwar gem. § 4 Abs. 1 2. Halbsatz ZPO nicht streitwerterhöhend aus, in ihrer Abweisung ist dennoch ein Teilunterliegen des Klägers zu sehen, dem hier aufgrund der Länge des Zinszeitraums von rund 4,5 Jahren auch kein nur unerhebliches Gewicht beikommt, sodass die Voraussetzungen des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht vorlagen.
Die Entscheidung des LG Bochum überzeugt nicht. Das Landgericht hat zwar zutreffend dei fehlende Unmöglichkeit und auch die Systematik der Gewährleistungsrechte erkannt, jedoch kranken die Nebenentscheidungen. Dem Kläger hier die Kosten des Verfahrens anteilig aufzuerlegen, weil der Beklagteunsubstantiierte Mängelrügen geltend machte und das Verfahren 3 1/2 Jahre nicht betrieb, überzeugt nicht.

Das Landgericht hat sich mit der Frage der Verwirkung in der Hauptsache nicht auseinander gesetzt, weil der Anspruch auch aus rechtlichen Gründen begründet war. Dann aber hätte die Kammer spätestens bei den geltend gemachten Zinsen, die das Landgericht für unbegründet erachtete, die Frage der Verwirkung aufgreifen müssen.

Auch die Erkenntnis, dass eine Einrede den Verzug ausschließt, ist neu. Nicht die Einrede selber, sondern nur eine begründete Einrede kann den Verzug ausschließen.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von Rechtsanwalt Frank Dohrmann, Bottrop
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