Kostenlose Urteile und Gerichtsentscheidungen

Detailansicht Urteil

Zur Angemessenheit der Anmietung eines gewerblichen Mietfahrzeuges nach einem Verkehrsunfall; §§ 249, 251 BGB
LG Rottweil, AZ: 1 0 66/12, 10.11.2014
Entscheidung
im Volltext
herunterladen
Der Geschädigte verstößt nicht deshalb gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem so genannten Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem Normaltarif teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation, etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen, aus betriebswirtschaftlicher Sicht einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Behebung des Schadens gemäß § 249 BGB erforderlich sind.

Der Geschädigte braucht vor der Anmietung des Fahrzeugs nicht erst eine Art Marktforschung zu betreiben, um das preisgünstigste Mietwagenünternehmen ausfindig zu mächen. Nur dann, wenn für ihn ohne weiteres erkennbar ist, dass das von ihm ausgewählte Unternehmen Mietwagensätze verlangt, die außerhalb des Üblichen liegen, darf der Geschädigte einen Mietwagenvertrag zu solchen Bedingungen nicht auf Kosten des Schädigers abschließen (BGH, Urteil vom 04.12.1984 - VI ZR 225/82 NJW1985, 793 zum Ausfall eines ausschließlich gewerblich genutzten Fahrzeugs).

Die Anmietung des Ersatzfahrzeuges ist auch nicht deshalb unwirtschaftlich, weil die entstehenden Mietwagenkosten den mit dem verunfallten Fahrzeug im entsprechenden Zeitraum erzielten Gewinn um ein Vielfaches übersteigen.
Bei der Beurteilung, ob im Einzelfall von einer solchen Unwirtschaftlichkeit bzw. Verhältnismäßigkeit auszugehen ist, kommt zwar dem Vergleich zwischen den Mietkosten für das Ersatzfahrzeug einerseits und dem bei Verzicht auf die Anmietung drohenden Verdienstausfall andererseits durchaus Bedeutung zu; es handelt sich hier aber nur um einen unter einer Mehrzahl von Gesichtspunkten innerhalb der anzustellenden Gesamtbetrachtung des Interesses des Geschädigten an einer ungestörten Fortführung des Betriebes.

Denn in gleicherweise sind auch dessen sonstige schutzwürdige Belange zu berücksichtigen, etwa sein Anliegen, den guten Ruf seines Betriebes nicht zu gefährden, mit vollem Wagenpark disponieren zu können, die Kapazität der verbliebenen Fahrzeuge nicht übermäßig beanspruchen zu müssen etc. Die Grenze des § 251 Abs. 2 BGB ist nicht schon dann überschritten, Wenn die Kosten für die Inanspruchnahme eines Mietwagens den ansonsten drohenden Gewinnausfali (sei es auch erheblich) übersteigen, sondern erst dann, wenn die Anmietung des Ersatzfahrzeugs für einen wirtschaftlich denkenden Geschädigten aus der maßgeblichen vorausschauenden Sicht unternehmerisch geradezu unvertretbar ist, was nur ausnahmsweise der Fall sein wird.
Entscheidung im Volltext herunterladen
Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: verkehrsunfall Schadensersatz Schadenersatz Mietwagen gewerblich genutzter Krankenwagen Behindertentransport Rollstuhl rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop