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Erstmalige Herstellung einer Trennwand zwischen zwei Sondereigentumseinheiten ist Gemeinschaftssache; §§ 6 Abs. 1, 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 2 WEG; 242, 925 BGB
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 284/14, 20.11.2015
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Sondereigentum kann nur in den Grenzen entstehen, die sich aus dem zur Eintragung in das Grundbuch gelangten Aufteilungsplan ergeben. Eine hiervon abweichende tatsächliche Bauausführung stellt unabhängig von ihrem Ausmaß einen Umstand außerhalb des Grundbuchs dar, der nicht für jedermann erkennbar ist. Hiervon zu trennen ist die Frage, ob auch geringfügige Abweichungen einen Anspruch einzelner Wohnungseigentümer auf Herstellung eines plangerechten Zustands bzw. auf Anpassung der Teilungserklärung und des Aufteilungsplans begründen können.

Nichts anderes folgt aus der Teilungserklärung, wonach ein bestehendes Gebäude aufgeteilt werden soll. Da der vorhandene Gebäudebestand aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist, ergeben sich die Einzelheiten der Aufteilung gerade nicht aus der Teilungserklärung, sondern aus dem darin in Bezug genommenen Aufteilungsplan.

Eine solche nicht tragende Trennwand ist grds. als "gemeinsames Sondereigentum" der beiden betroffenen Sondereigentümer anzusehen. Dass Zwischenwände dieser Art im sogenannten "Nachbareigentum" stehen, entspricht der ganz überwiegenden Ansicht; ermöglichen soll dies insbesondere eine entsprechende Anwendung der §§ 921, 922 BGB im Verhältnis der Sondereigentümer zueinander.

Eine nicht tragende Trennwand muss jedenfalls dann wie gemeinschaftliches Eigentum behandelt werden, wenn es um ihre erstmalige plangerechte Herstellung geht. Die erstmalige plangerechte Herstellung einer Wand, die zwei Sondereigentumseinheiten voneinander abgrenzt, ist unabhängig von der dinglichen Zuordnung der herzustellenden Wand Aufgabe aller Wohnungseigentümer und nicht nur der benachbarten Sondereigentümer.

Der Anspruch eines Wohnungseigentümers auf erstmalige plangerechte Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums kann nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ausgeschlossen sein, wenn die tatsächliche Bauausführung nur unwesentlich von dem Aufteilungsplan abweicht oder wenn seine Erfüllung den übrigen Wohnungseigentümern nach den Umständen des Einzelfalls nicht zuzumuten ist.

Ist den Vertragsparteien bei der Veräußerung von Wohnungseigentum nicht bekannt, dass das Sondereigentum in größerem Umfang entstanden ist, als es die tatsächliche Bauausführung erkennen lässt, erlaubt eine vor Vertragsschluss erfolgte Besichtigung des Kaufobjekts nicht den Schluss, dass die Auflassung auf das Sondereigentum in den von der Bauausführung vorgegebenen Grenzen beschränkt worden ist.

Da die Beschlussersetzung nach § 21 Abs. 8 WEG in die Privatautonomie der Wohnungseigentümer eingreift, dürfen Maßnahmen nur insoweit angeordnet werden, als dies zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes unbedingt notwendig ist. Es ist daher stets zu prüfen, ob und ggf. auf welche Weise es den Wohnungseigentümern ermöglicht werden kann, noch selbst in eigener Regie eine Entscheidung zu treffen. Ist – wie hier – nur das "Ob" einer Maßnahme umstritten und nichts dafür ersichtlich, dass die Wohnungseigentümer ihrer grundsätzlichen Verpflichtung nach rechtskräftiger Klärung nicht nachkommen werden, genügt es in der Regel, wenn das Gericht nach § 21 Abs. 8 WEG die entscheidende Richtung vorgibt.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Grundbuch Teilungserklärung Trennwand nichttragend Zwischenwand Wohnungseigentümergemeinschaft Teilungserklärung fehlerhafte Bauausführung