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Stadt haftet für Verfahrenskosten bei Rücknahme einer unbegründeten Klage aus übergeleitetem Anspruch; §§ 528 BGB; 269 Abs. 3 ZPO; 64 SGB X, 93 SGB XII
LG Essen, AZ: 19 O 137/16, 28.12.2016
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Eine nach § 64 SGB X privilegierte Klägerin (Stadt) hat im Falle der Klagerücknahme die gegnerischen Anwaltskosten zu tragen, wenn das Klageziel nach dem Beklagtenvortrag nicht mehr durchsetzbar ist.

Dabei kann sich die klagende Stadt nicht auf (angeblich) neuen Sachvortrag des Beklagten stützen, denn es obliegt der klagenden Partei, sich und ihren Prozessbevollmächtigten vor Klageerhebung hinreichend zu informieren.

Macht eine Stadt als Körperschaft des öffentlichen Rechts einen zivilrechtlichen Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung aus § 528 BGB nach erfolgter Überleitungsanzeige gemäß § 93 SGB XII geltend, obliegt ihr die volle Darlegungs- und Beweislast der behaupteten Schenkung.

Fehlen ihr die notwendigen Informationen, so muss sie sich diese Informationen im Wege einer Auskunftsklage verschaffen.

Allein eine vom Gericht anders bewertete Darlegungs- und Beweislast rechtferigen im Falle der Klagerücknahme keine andere Kosatenentscheidung.

Wurde die klagende Stadt in einem vorgelagerten sozialrechtlichen Verfahren bereits auf die fehlenden Voraussetzungen für die Annahme einer Schenkung hingewiesen, erscheint die Klageerhebung mutwillig, so dass ihr auch deshalb die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen waren.
Die Kammer hatte über eine Klagerücknahme zu entscheiden, die eine klagende Stadt nach erfolgter Überleitungsanzeige gem. § 93 SGB XII aus ungerechtfertigter Bereicherung wegen Vermögenslosigkeit nach angeblich erfolgter Schenkung gem. § 528 BGB geltend gemacht hatte.

Die Mutter des Beklagten war zu einem Pflegefall geworden und die Stadt hatte geldliche Zuwendungen fehlerhaft als Schenkung eingestuft.

Dabei stand die klagende Stadt auf dem Standpunkt, kostenprivilegiert zu sein und wollte ihre Verfahrenskosten gem § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO erstattet bekommen. Das Landgericht folgte dieser Rechtsauffassung zutreffenderweise nicht. Denn in einem Zivilprozess obliegt es der klagenden Partei, die anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und Beweis anzubieten.

Allein die erfolgte rechtmäßige Überleitungsanzeige gem. § 93 SGB XII reicht für eine zivilrechtlich Anspruchsbegründung nicht aus.

Daher kann nur dringend angeraten werden, im Falle einer Inanspruchnahme durch einen Sozialhilfeträger anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Denn viele finanzielle Zuwendungen stellen sich nach rechtlicher Bewertung nicht mehr als Schenkung i.S.d. § 516 BGB dar, welche aber Voraussetzung für einen Anspruch aus § 528 BGB ist.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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