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§ 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei Kündigungen ohne vorangegangene Zahlungsklage wegen nicht gezahlter erhöhter Betriebskostenvorauszahlung nicht einschlägig
BGH Karlsruhe, AZ: VIII ZR 1/11, 18.07.2012
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Gegenstand der BGH-Entscheidung war die interessante Frage, ob eine Kündigung des Mietverhältnisses wegen der erhöhungsbedingten Rückstände erst kündigen kann, wenn der Mieter rechtskräftig zur Zahlung der erhöhten Betriebskosten oder -vorauszahlungen verurteilt ist.

Der BGH hat die Frage zugunsten des Vermieters entschieden.

Der Vermieter ist nach Ansicht des BGH nicht gezwungen, vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung Zahlungsklage zu erheben, um erst nach Ablauf der Kündigungssperrfrist des § 569 III Nr. BGB die Kündigung wegen Zahlungsverzugs auszusprechen.

§ 569 III Nr. 3 BGB besagt nach lediglich, dass dem Mieter, gegen den der Vermieter wegen nicht entrichteter Erhöhungsbeträge nach §§ 559 und 560 BGB Klage erhoben hat, nach rechtskräftiger Verurteilung eine Kündigungssperrfrist von zwei Monaten zusteht. Die Vorschrift ist bei Kündigungen ohne vorangegangene Zahlungsklage daher nicht einschlägig.

Ein evetuelles Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB wegen nicht erfolgter Einsicht in die Abrechnungsunterlagen hat der Mieter nach Auffassung des BGH nur noch, wenn die Voraussetzungen des Zurückbehaltungsrechts bereits vor Ausspruch der Kündigung vorlagen. Eine nachträgliche "Heilung" verneint der BGH.
Die Entscheidung liegt auf der Linie einer Vielzahl von Räumungsverfahren, in welchen der BGH einer restriktiven Anwendung der Kündigungsvorschriften aus dogmatischen Gründen eine Absage erteilt hat. Dies führt seitens des Mieters zu einem erhöhten Risiko bei der Abschätzung von Mietforderungen des Vermieters. Denn der Vermieter kann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen sofort fristlos kündigen. Einreden, die erst nach Ausspruch der fristlosen Kündigung entstanden sind, sind unbeachtlich. Insoweit ist ein Nachschieben von Gründen, die im Zeitpunkt der Kündigung keine Berücksichtigung finden konnten, nicht mehr möglich.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von Rechtsanwalt Frank Dohrmann, Bottrop
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