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Wohnungseigentümer hat keinen Anspruch auf Erstattung verauslagter Kosten (Strom, Gas, Wasser) gegen Miteigentümer; §§ 21 Abs. 8, 28 WEG; 670, 677ff, 818 BGB
LG Frankfurt am Main, AZ: 2-13 S 71/16, 14.12.2017
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Für einen Wohnungseigentümer einer aus zwei Parteien bestehenden Eigentümergemeinschaft besteht keine Möglichkeit, einen Anspruch auf Ersatz der von ihm verauslagten Kosten für Abwasser, Strom, Heizung und Gas gegen den anderen Wohnungseigentümer geltend zu machen.

Ein Anspruch besteht weder aus den Regelungen der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 677 BGB bzw. §§ 818, 684, 677 BGB) noch aus § 670 BGB. Denn derartige Ansprüche bestünden lediglich gegenüber der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft.

Denn durch seine Zahlungen auf Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums hat der Wohnungseigentümer ein Geschäft für den teilrechtsfähigen Verband und nicht für dessen Mitglieder geführt.

Zahlungspflichten und -ansprüche der Wohnungseigentümer untereinander sind zu verneinen, so dass auch aus der Nichtzahlung von Forderungen des Verbandes keine Schadensersatzansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer folgen können (BGH 10.02.2017 - V ZR 166/16).

Diese Ansicht würde den Eigentümer auch nicht rechtlos stellen. Aus dem zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis eine Verpflichtung gegen die übrigen Wohnungseigentümer folgt, dass diese an einer ordnungsmäßigen Verwaltung mitzuwirken haben, wozu die insbesondere die Pflicht gehört, dem Verband die finanzielle Grundlage zur Begleichung der laufenden Verpflichtungen verschaffen.

Dies betrifft insbesondere die Beschlussfassung über einen entsprechenden Wirtschaftsplan, seine Ergänzung (Sonderumlage) und die Jahresabrechnung (BGH NJW-RR 2017, 844). Kommt es gleichwohl nicht zu einer Beschlussfassung, besteht zudem die Möglichkeit über § 21 Abs. 8 WEG durch gerichtliche Hilfe zu einer Jahresabrechnung und zu einem Wirtschaftsplan gelangen, notfalls müsste auch eine Sonderumlage auf diesem Wege begehrt werden, damit berechtigte Erstattungsansprüche des in Vorleistung getretenen Wohnungseigentümers befriedigt werden können.
Die Entscheidung des LG Frankfurt ist dogmatisch nicht zu beanstanden.

Gleichwohl führt diese Rechtsauffassung in der Praxis zu einem Dilemma, wenn ein Wohnungseigentümer zur Vermeidung einer Versorgungssperre den Anteil des zahlungsunwillige Miteigentümers zunächst übernimmt. Fehlt - was die Regel ist - ein ordnungsgemäß gewählter Verwalter, muss der Eigentümer sich zunächst um einen Verwalter oder um eine Beschlussfassung im Rahmen der Selbstverwaltung auf einer Eigentümerversammlung bemühen, was in der Regel ohne Gericht nicht durchsetzbar sein wird.

Sodann muss eine Eigentümerversammlung einberufen werden, um eine Jahresabrechnung und/oder Wirtschaftsplan zu beschließen. Verweigert der zahlungsunwillige Wohnungseigentümer seine Zustimmung, wird ein zweites Verfahren mittels einer Ersetzungsklage gem. § 21 Abs. 8 WEG folgen müssen.

Verweigert der Miteigentümer weiterhin jegliche Zahlung, wird eine dritte (Zahlungs-)Klage gegen den unwilligen Eigentümer erhoben werden müssen.

Läuft alles optimal vor Gericht, wird ein Titel nach drei bis vier Jahren erwirkt, aus dem vollstreckt werden kann.

Geht die Vollstreckung ins Leere, wird eine Zwangsversteigerung nach § 10 ZVG erfolgen können (Dauer: mindestens 1 Jahr), so dass der verauslagende Wohnungseigentümer viel Zeit, aber auch Geld investieren muss, um an sein Ziel zu gelangen.

Um das zu vermeiden, sollte ein Wohnungseigentümer, der bei Miteigentümern eine Zahlungsunwilligkeit feststellt, sofort reagieren und sich um die Einsetzung eines Verwalters bemühen.

Das erspart ihm zwar nicht das hier geschilderte Zenario, dafür aber eine Menge Zeit zur Durchsetzung der erforderlichen Schritte.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Frank Dohrmann Rechtsanwalt Bottrop