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Kein Beitritt der beklagten Wohnungseigentümer gem. § 66 ZPO auf Klägerseite
AG Berlin-Charlottenburg, AZ: 72 C 42/12, 11.07.2012
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Der Beitritt der Beklagten entsprechend § 66 ZPO auf Klägerseite war von Amts wegen zurückzuweisen. Zwar findet grundsätzlich eine Überprüfung des Beitritts nur im Zwischenstreitverfahren statt. Bei einer unwirksamen Streithilfe muss aber eine solche Überprüfung von Amts wegen erfolgen. Der Beitritt der Beklagten auf Klägerseite ist hier auch unwirksam. Die Beklagten sind notwendige Streitgenossen und können nicht als solche zusätzlich auf Klägerseite auftreten. Zwar hat der BGH in einer Entscheidung angedeutet, dass ein solcher Beitritt möglich sein könnte und die Beklagten dann (zusätzlich) als streitgenössische Nebenintervenienten der Kläger gemäß § 69 ZPO zu behandeln wären Zwar ist anerkannt, dass in bestimmten Konstellationen auch ein Beklagter auf Seiten des Klägers beitreten kann. Diese Möglichkeit ist aber – zumindest bislang - nur bei einer einfachen und gerade nicht bei einer notwendigen Streitgenossenschaft anerkannt worden. Lässt man es zu, dass ein Beklagter, der notwendiger Streitgenosse der übrigen Beklagten ist, auch auf Klägerseite beitritt, würde dies dazu führen, dass der Beklagte den Kläger immer auch bei der Prozessführung gegen sich selbst unterstützt, was nicht statthaft ist. Der Beklagte wäre dann nicht nur (notwendiger) Streitgenosse der übrigen Beklagten, sondern wäre als streitgenössischer Nebenintervenient auch notwendiger Streitgenosse der Kläger, was eine nicht mehr nachvollziehbare Doppelstellung des Beklagten bewirken würde. Bei Säumnis auf Kläger- und Beklagtenseite würde sein Verhalten theoretisch gemäß § 62 Abs. 1 ZPO für beide Parteien Wirkung entfalten, was auch § 67 Halbs. 2 ZPO nichts verhindern könnte. Denn ein streitgenössischer Nebenintervenient kann sich auch in Widerspruch zu der Hauptpartei setzen und unterliegt nicht der Beschränkung des § 67 Halbs. 2 ZPO. Diese Problemkreise zeigen, dass die Zulassung eines Beitritts dogmatisch unvertretbar ist, zumal auch nach dem Wortlaut des Gesetzes die Nebenintervention ausdrücklich gerade nur bei einem zwischen „anderen“ Personen anhängigen Rechtsstreit eröffnet sein soll (vgl. § 66 Abs. 1 ZPO).
Das Amtsgericht lehnt die Entscheidungen des BGH ( Az.: V ZR 196/08) und des LG München (Az.: 1 S 809/11) als dogmatisch nicht tragbar ab, wonach ein beklagter Wohnunsgeigentümer in einem Anfechtungsverfahren als notwendiger Streitgenosse dem klagenden Wohnungseigentümer beitreten kann.

Das Amtsgericht führt zum Teil ebenso treffliche wie begründete Bedenken gegen die BGH-Entscheidung ins Feld, auch wenn der Hinweis des Amtsgerichts auf die nicht statthafte Doppelstellung nach der BGH-Rechtsprechung wohl ins Leere geht. Denn der Streitbeitritt auf Klägerseite soll doch wohl bewirken, dass der Beklagte zur Klägerseite wechseln kann und nicht auf beiden Seiten tätig wird. Es erfolgt demnach lediglich ein Austausch des Beklagten zum Kläger als dessen Streitgenosse.

Ob diese vom BGH bisher nicht berücksichtigten Umstände letztlich zu einer Umkehr der BGH-Rechtsprechung führen können, bleibt abzuwarten.

Jedenfalls belegen derartige Entscheidungen, dass die ZPO für WEG-Verfahren keine ausreichende Gesetzesgrundlage bildet. Die alten Verfahrensvorschriften nach dem FGG waren eher geeignet, derartige Fallgestaltungen zu lösen.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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