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Wiedereinräumung des Besitzes an der ehelichen Wohnung nach Aussperrung; §§ 1361b, 861 BGB
OLG Frankfurt a. M., AZ: 4 UF 188/18, 11.03.2019
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Unter welchen Voraussetzungen ein Ehegatte, der von dem anderen ausgesperrt wurde, die Wiedereinräumung des Besitzes an der Ehewohnung zum Zwecke des Getrenntlebens innerhalb der Wohnung verlangen kann (§ 1361b oder § 861 BGB), ist umstritten.

Der von verbotener Eigenmacht betroffene Ehegatte hätte nach § 1361b BGB daher trotz verbotener Eigenmacht des Partners im Einzelfall (vgl. § 1361b Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB) keinen Anspruch auf Wiederherstellung der ursprünglichen Besitzverhältnisse und wäre damit vor eigenmächtiger Besitzentziehung des anderen Ehegatten nicht geschützt, obwohl ihm aus der ehelichen Lebensgemeinschaft ein possessorischer Anspruch auf Mitbesitz und Mitnutzung der Ehewohnung zusteht.

Gegen eine freie Anspruchskonkurrenz spricht ebenso wie gegen einen Vorrang des § 861 BGB, dass der Ehegatte, gegen den verbotene Eigenmacht verübt wurde, dadurch im Ergebnis besser gestellt würde.

Im Falle der Aussperrung des Ehegatten aus der ehelichen Wohnung ist zwar § 1361b BGB - in entsprechender Anwendung - als vorrangige Anspruchsgrundlage anzuwenden, in die Prüfung der normativen Voraussetzungen des Nutzungsanspruchs ist aber den Regelungsgehalt des possessorischen Besitzschutzes einzubeziehen.

Hält sich der ausgesperrte Ehegatte zwischenzeitlich notgedrungen in einer anderen Wohnung auf, hat das im Alleineigentum des Antragsgegners stehende, früher von beiden Beteiligten bewohnte Haus dadurch seinen Charakter als Ehewohnung nicht verloren.

Auch der Umstand, dass ein Ehepartner beabsichtigt, während intakter Ehe einen neuen Lebensgefährten in das Haus zu holen, rechtfertigt einen Ausschluss nicht. Aus dem Schutz des räumlich-gegenständlichen Lebensbereichs der Ehe resultiert nicht nur eine Besitzberechtigung der während der Trennung in der Ehewohnung verbleibenden Ehegatten, sondern auch ein vollstreckbarer Unterlassungsanspruch bei Aufnahme eines neuen Lebenspartners in die eheliche Wohnung während bestehender Ehe.

Zwar ist im Rahmen der gebotenen Gesamtwägung der Interessen beider Ehegatten nach § 1361b Abs. 1 S. 3 BGB auch das alleinige Eigentum des Antragsgegners an der ehelichen Wohnung zu berücksichtigen. Allerdings hat der Eigentümer Einschränkungen seiner dinglichen, grundrechtlich durch Art. 14 GG geschützten Rechtsposition selbst dann hinzunehmen, wenn er (z. B. als Vermieter) keinerlei direkten Bezug zu der Ehe hat, deren Schutz die Bestimmung des § 1361b BGB dient.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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