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Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses bei Anfechtung der Verwalterwahl nach Neuwahl des Verwalters?
LG Berlin I, AZ: 55 S 30/19, 21.01.2020
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Die Gesamtabrechnung ist grundsätzlich als reine Einnahmen- und Ausgabenrechnung anzusehen, die alle tatsächlich in dem Wirtschaftsjahr erzielten Einnahmen und getätigten Ausgaben enthalten muss, unabhängig davon, ob sie zu Recht oder Unrecht erfolgt sind (vgl. BGH ZWE 2010, 10). Damit ist es aber unerheblich, ob für bestimmte Ausgaben tatsächlich Rechnungen vorhanden sind oder ob sie unzutreffend als haushaltsnahe Dienstleistungen bezeichnet wurden, wenn die Beträge tatsächlich vom Konto abgeflossen sind.

Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Ungültigerklärung einer Verwalterwahl geht mit der Neubestellung eines anderen Verwalters und dem damit verbundenen Ablauf der Bestellung des bisherigen Verwalters verloren.

Ein Verwalter war, selbst wenn sein Bestellungsbeschluss für ungültig erklärt wird, vom Zeitpunkt seiner Bestellung an dennoch berechtigt und verpflichtet, Beschlüsse auszuführen, die Finanzen der Wohnungseigentümergemeinschaft zu verwalten oder Zustellungen und Willenserklärungen entgegenzunehmen; sein Handeln wird durch die rechtskräftige Ungültigerklärung des Bestellungsbeschlusses nicht unberechtigt.

Die Unbestimmtheit eines Beschlussinhalts muss innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist gerügt werden.
Die Entscheidung des LG Berlin überzeugt nicht. Unbestimmte Beschlüsse führen nach einhelliger Rechtsprechung zur Nichtigkeit und nicht zur Ungültigkeit der Beschlüsse. Da nichtige Beschlüsse nicht der Anfechtungsfrist unterliegen, müssen Nichtigkeitsgründe auch nicht innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist vorgetragen werden.

Ob das Rechtsschutzbedürfnis einer Verwalteranfechtung mit der Neuwahl eines anderen Verwalters entfällt, darf zumindest angezweifelt werden. Die Entscheidung des OLG Hamm, auf welche das LG Berlin Bezug nimmt, bezog sich noch auf einen Sachverhalt nach dem alten WEG-Recht.

Insbesondere dürfte die Auffassung, dass der Verwaltervertrag bei einer Anfechtung der Verwalterwahl fortgilt, heute nicht mehr vertretbar sein. Denn auch im Falle einer Neuwahl eines Verwalters während des laufenden Anfechtungsverfahrens gegen die vorherige Verwalterbestellung fällt das Rechtsschutzbedürfnis schon deshalb nicht weg, weil allein die Vergütungsfrage (mit oder ohne Verwaltervertrag) von der Verwalterbestellung abhängig ist.

Zwar hat der Verwalter, dessen Bestellung angefochten wird, für den Zeitraum bis zur Rechtskraft des Urteils die Verpflichtung zur Verwaltung und somit auch einen Anspruch auf Vergütung, allerdings nur für eine ortsübliche Vergütung, so dass eine vereinnahmte Mehrvergütung ohne bestehenden Verwaltervertrag nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung nur bei der Feststellung der Unwirksamkeit der Verwalterbestellung durchgesetzt werden kann.

Im Rahmen einer Erledigungserklärung fehlt eine rechtliche Klärung, wenn das Gericht die Kosten des Verfahrens insoweit wegen offener Rechtslage gegeneinander aufhebt und keine Entscheidung in der Sache trifft.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Frank Dohrmann Bottrop Rechtsanwalt Nichtigkeit unbestimmtheit Anfechtungsklage Anfechtungsfrist