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Verringerung des Einbruchschutzes kann Genehmigung einer baulichen Veränderung gem. § 20 Abs 4 WEG entgegenstehen
LG München I, AZ: 36 S 613/22 WEG, 22.09.2022
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§§ 9b, 14, 20 Abs. 1 und 4 WEG; 1004 BGB

Auch das Einladungsschreiben zur Eigentümerversammlung kann trotz seiner fehlenden Dokumentation zur Auslegung ausnahmsweise herangezogen werden, wenn der Beschluss keine Dauerwirkung entfaltet.

Ein (besonderes) Rechtschutzbedürfnis ist bei der Anfechtungsklage regelmäßig nicht zu prüfen. Es ist nicht einmal erforderlich, dass der Eigentümer durch den Beschluss persönlich betroffen ist oder gar Nachteile erleidet.

In aller Regel erledigt sich die Anfechtungsklage auch mit der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses nicht. Das Rechtsschutzbedürfnis geht - mit der Folge nachträglicher Unzulässigkeit der Anfechtungsklage - nur dann verloren, wenn sicher feststeht, dass Ansprüche des Klägers auf Folgenbeseitigung, Freistellung oder Schadensersatz und damit Auswirkungen auf Folgeprozesse infolge der möglichen Bindungswirkung einer Entscheidung über die Anfechtungsklage nicht bestehen.

Es ist kein Fall des § 20 Abs. 4 Alt. 1 WEG gegeben, wenn durch die bauliche Veränderung zwar ein bestimmter Teilbereich für sich allein betrachtet, nicht aber die Wohnanlage als Ganzes grundlegend umgestaltet wird. Da in jeder baulichen Veränderung eine Umgestaltung liegt, ist zu prüfen, ob diese so starke Auswirkungen hat, dass sie der Wohnanlage ein neues Gepräge gibt. Nur dann liegt auch eine "grundlegende" Umgestaltung i.S.v. § 20 Abs. 4 Alt. 1 WEG vor.

Bloße Disharmonien und die optische Veränderung als solche reichen dafür nicht. Entscheidend ist, ob der Eingriff in die äußere Gestalt der Wohnanlage so krass ist, dass er das Gesicht bzw. das charakteristische Aussehen der Wohnanlage als Ganzes verändert.

Voraussetzung für die Annahme einer unbilligen Benachteiligung ist, dass einem Betroffenen Nachteile zugemutet werden, die bei wertender Betrachtung und in Abwägung mit den bei der baulichen Veränderung verfolgten Vorteilen einem verständigen Wohnungseigentümer nicht abverlangt werden dürfen. Zudem muss die bauliche Veränderung zu einer treuwidrigen Ungleichbehandlung führen, indem Nachteile einem oder mehreren Wohnungseigentümern in größerem Umfang zugemutet werden als den Übrigen.

Auf subjektive Befindlichkeiten kommt es nicht an. Zu fragen ist, ob sich jeder beliebige Sondereigentümer beeinträchtigt fühlen würde und dürfte.

Ein Wohnungseigentümer kann allerdings insoweit nach wie vor prozessführungsbefugt sein, als seine Klage auf eine Störung im räumlichen Bereich des Sondereigentums gestützt wird, und zwar auch dann, wenn zugleich das Gemeinschaftseigentum von den Störungen betroffen ist (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2021 - V ZR 41/19).

Eine Beeinträchtigung des Sondereigentums liegt vor, wenn Immissionen wie Lärm und Gerüche auf das Sondereigentum einwirken oder dann, wenn die Klage auf eine gravierende Beeinträchtigung der Aussicht aus der Einheit oder eine starke Verschattung der zu dem Sondereigentum gehörenden Räume gestützt wird.

Soweit sich aus der baulichen Maßnahme ein Sicherheitsdefizit (Einbruchgefahr) ergibt, kann dies grundsätzlich ein denkbarer Ansatzpunkt für eine unbillige Beeinträchtigung darstellen.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop