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Nutzung eines in der Teilungserklärung als Ladenlokal oder Hobbyraum ausgewiesenes Sondereigentum als Wohnraum ist nicht zulässig, §§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, 15 Abs. 3, 14 Ziff. 1 WEG
OLG Frankfurt a. M., AZ: 20 W 319/08, 27.07.2011
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1. Jeder Wohnungs- und Teileigentümer ist zwar berechtigt, mit den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben zu verfahren, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, § 13 Abs. 1 WEG. Derartige Rechte können sich namentlich aus Gebrauchsregelungen der Eigentümer im Sinne von § 15 Abs. 1 WEG ergeben. Insoweit kommen Vereinbarungen gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG (= § 10 Abs. 1 Satz 2 a. F.) und damit auch in der Teilungserklärung getroffene Regelungen, §§ 8 Abs. 2, 5 Abs. 4 Satz 1 WEG, in Betracht.

2. Dies ist der Fall bei Nutzungsbeschränkungen in der Teilungserklärung, denen der Charakter einer Vereinbarung zukommt (BGH NZM 2010, 407; Senat NZM 2008, 736).

3. Vor diesem Hintergrund ist zu berücksichtigen, dass Bezeichnungen in der Teilungserklärung im Zweifel eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im Sinne des § 15 Abs. 1 WEG darstellen.

4. Schon die grundsätzliche Unterscheidung in Wohnungs- und Teileigentum regelt nach § 1 Abs. 3 WEG mit Vereinbarungscharakter, welche Räumlichkeiten zu Wohnzwecken und welche nur zu anderen Zwecken genutzt werden dürfen.

5. Gebrauchsregelungen, insbesondere Zweckbestimmungen über die Nutzung des Sondereigentums, können in der Gemeinschaftsordnung, der dinglichen Teilungserklärung oder dem dort in Bezug genommenen Aufteilungsplan enthalten sein. Dabei hat die Gemeinschaftsordnung im Zweifel Vorrang vor der Teilungserklärung und diese hat wiederum Vorrang vor etwaigen Beschriftungen im Aufteilungsplan.

6. Räume, die zum Sondereigentum gehören, können abweichend von ihrem Bestimmungszweck nämlich nur dann anders genutzt werden, wenn die andersartige Nutzung nicht mehr stört oder beeinträchtigt als die bestimmungsgemäße. Nach der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise stellt die Nutzung als Wohnung im festgestellten Umfang gegenüber einer solchen als Verkaufsladen oder Abstell- bzw. Hobbyraum gemäß der Zweckbestimmung eine intensivere und konfliktträchtigere Nutzung (vgl. hierzu allgemein Senat OLGR Frankfurt 2005, 58, und NZM 2006, 144) dar. Für diese Betrachtung ist der Gebrauch nach seiner Art und Durchführung zu konkretisieren und auf die örtlichen (Umfeld, Lage im Gebäude) und zeitlichen (etwa Öffnungszeiten) Verhältnisse zu beziehen.

7. Das größere Störpotential der Nutzung einer Einheit als Wohnung gegenüber einer Nutzung als Abstell- bzw. Hobbyraum ergibt sich schon daraus, dass Letztere wie auch sonstige Nebenräume bei einer Wohnung nicht zu dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind (BGH ZMR 2004,278 = NJW 2004, 364; BayObLG ZWE 2001, 432; Senat, Beschl. v. 08.03.2010 -20 W 324/2006).

8. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass dann, wenn ein Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 15 Abs. 3 WEG, 1004 BGB bereits durch alle Wohnungseigentümer verwirkt ist, auch der Sonderrechtsnachfolger - auch wenn die Verwirkung nicht aus dem Grundbuch ersichtlich ist - an die entstandene Rechtslage gebunden ist, da er als Rechtsnachfolger mangels besonderer gesetzlicher Bestimmungen keine weitergehenden Recht hat, als seinem Rechtsvorgänger zuletzt zustanden (BayObLG NJW-RR 1991, 1041; OLG Zweibrücken FGPrax 2001, 183, 184; OLG Köln FGPrax 2006, 12, 13; OLG Celle NJW-RR 2007, 234; Senat, Beschl. v. 08.03.2010 -20 W 324/06).
OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.07.2011; Az.: 20 W 319/08
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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