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Gekündigter Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, sich eine neue Arbeit zu suchen; §§ 611 Abs. 1, 615 Satz 1, 293 ff. BGB
BAG Erfurt, AZ: 9 AZR 203/99, 16.05.2000
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Ein gekündigter Arbeitnehmer muß sich sog. hypothetischen Verdienst nur dann anrechnen lassen, wenn er böswillig anderweitigen Erwerb unterläßt. Um böswilliges Unterlassen handelt es sich, wenn der Arbeitnehmer grundlos zumutbare Arbeit ablehnt oder vorsätzlich verhindert, daß ihm zumutbare Arbeit angeboten wird.

Auf eine unterlassene Meldung beim Arbeitsamt als Arbeitsuchender kommt es regelmäßig nicht an. Die Vorschriften über den Annahmeverzug begründen keine Obliegenheit des Arbeitnehmers, die Vermittlung der Bundesanstalt für Arbeit in Anspruch zu nehmen.

Der Arbeitnehmer ist nicht gehalten, eigene Anstrengungen zu unternehmen, um eine Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber zu finden. Vermittlungsaussichten auf dem Arbeitsmarkt begründen keine Obliegenheit für den Arbeitnehmer, sich arbeitssuchend zu melden.

Will der Arbeitgeber sein Entgeltrisiko im Annahmeverzug mindern, so hat er die hierfür erforderlichen Handlungen selbst vorzunehmen (vgl. Senatsurteil 22. Februar 2000 - 9 AZR 194/99 - AP KSchG 1969 § 11 Nr. 2 = EzA BGB § 615 Nr. 97). Dazu kann er zB dem Arbeitnehmer anbieten, ihn vorläufig für die Dauer des Kündigungsschutzprozesses weiterzubeschäftigen (vgl. BAG 14. November 1985 - 2 AZR 98/84 - BAGE 50, 164).

Er kann zB den Arbeitnehmer auch über konkrete Stellenangebote informieren, ihn dadurch in "Zugzwang" versetzen und Bewerbungen veranlassen, um gegebenenfalls die Ansprüche aus Annahmeverzug dann kürzen zu können, wenn der Arbeitnehmer auf diese Mitteilungen hin vorsätzlich das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses verhindert.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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