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Zum Schadensersatz beim Verkauf einer Eigentumswohnung mit einem nicht zu Wohnzwecken dienenden Dachboden; §§ 5 Abs. 4, 15 Abs. 1 WEG; 280, 311 BGB
KG Berlin, AZ: 22 U 272/13, 17.12.2015
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Die Bezeichnung des Dachraums in der Teilungserklärung und in dem Aufteilungsplan als Bodenraum stellt nicht nur eine Lagebezeichnung dar, sondern eine einschränkende Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter gemäß §§ 5 Abs. 4 Satz 1, 15 Abs. 1 WEG. Danach ist dem Inhaber des Sondernutzungsrechtes gerade kein Recht zum Ausbau oder zur Umgestaltung des Dachraums eingeräumt.

Hatte der Verkäufer einer Eigentumswohnung in Ermangelung der rechtlichen Kenntnis die fehlerhafte Ansicht, eine Wohnnutzung des Dachraums sei zulässig, handelt er gleichwohl vorsätzlich in Bezug auf einen rechtlichen Mangel, wenn ihm eine Diskussion über den Rückbau innerhalb der Eigentümergemeinschaft bekannt war und er den Käufer hierüber nicht aufgeklärt hat. Denn die Frage der Nutzbarkeit des Dachraums zu Wohnzwecken ist ein wertbildender Faktor.

Allein die Kenntnis von der Bezeichnung des Dachgeschosses als Bodenraum nicht aus, um positive Kenntnis des Käufers annehmen zu können. Denn dies lässt bei einer hier vorzunehmenden Parallelwertung in der Laiensphäre noch nicht einen ausreichenden Schluss auf eine Nichtnutzbarkeit als Wohnraum zu. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dem Käufer die rechtliche Bedeutung dieser Einschränkung, insbesondere auf die damit verbundenen Rechtsfolgen, wie Unterlassung auf Verlangen nur eines Wohnungseigentümers und Verpflichtung zum Rückbau, nicht bekannt war.

Grundsätzlich treten Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen in Bezug auf Kaufverträge allerdings hinter den Vorschriften über die Sachmängelgewährleistung zurück, wenn es um die Beschaffenheit des Kaufgegenstandes geht, weil die Sachmängelgewährleistungsvorschriften insoweit eine abschließende Sonderregelung bilden (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2001, V ZR 394/99, NJW 2001, 2875, 2876). Dieser Vorrang greift aber nicht ein, weil es hier um einen Rechtsmangel geht.
Die Entscheidung des KG ist sehr praxisrelevant, weil in vielen Wohnungseigentümergemeinschaften Dachböden dem Sondernutzungsrecht einer bestimmten Wohnung zugeordnet sind, meist jedoch nicht zu Wohnzwecken. Häufig wurden die Dachböden später zu Wohnzwecken ausgebaut. Selbst wenn die übrigen Wohnungseigentümer die Nutzung des Dachbodens zu Wohnzwecken dulden, ist ein Rechtsmangel gleichwohl gegeben, da derartige rechtswidrige Nutzungen nach der neueren Rechtsprechung (BGH, Az.: V ZR 178/14 und LG Frankfurt, Az.: 2-13 S 18/13) nicht der Verjährung unterliegen, sondern nur verwirken können und bei jedem Mieterwechsel oder beim Verkauf der Eigentumswohnung wieder aufleben. Insoweit ist ein merkantiler Minderwert zu bejahen. Ob der Käufer dies anhand der Teilungserklärung erkennen konnte oder sich auf die tatsächliche Nutzung bei Besichtigung der Wohnung verlassen durfte, hatte das KG im letzteren Sinne entschieden.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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