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Zur Kündigung des Mietverhältnisses bei Mehrheit von Mietern; Zur Zulässigkeit einer Eventualklage beim Räumungsverlangen; §§ 535, 546, 569, 1357 Abs. 3 BGB; 263, 495 ZPO
AG Ulm, AZ: 5 C 228/16, 06.04.2016
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Wird ein Räumungsverlangen primär mit den Mieterkündigungen aus dem Jahr 2015 weiterverfolgt, jedoch nunmehr noch hilfsweise auf eine fristlose Kündigung der Vermieterseite vom 04.03.2016 wegen Zahlungsverzug der Mieterseite gestützt, liegt eine Eventualklageänderung nach §§ 495; 263 ZPO vor. Die Eventualklageänderung ist jedoch nur zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Eine Klageänderung ist dann nicht sachdienlich, wenn der Partei, zu deren Nachteil sich die Klageänderung auswirkt, materielle Rechte verloren gingen, sich der Rechtsstreit verzögert und die bisherigen Prozessergebnisse nicht oder nur teilweise nutzbar bleiben, was regelmäßig dann der Fall ist, wenn ein komplett anderer Lebenssachverhalt eingeführt wird.

Bei einer Mehrheit von Vertragspartnern können Gestaltungsrechte wie das Kündigungsrecht von Verträgen nur einheitlich durch alle Vertragspartner ausgeübt werden. Zur Vertragsaufhebung durch Vereinbarung mit dem Vermieter oder zur Vertragsbeendigung durch Kündigung sind nur alle Mieter gemeinschaftlich berechtigt.

Zwar kann bei einer Mehrheit von Mietern jeder Mieter auch gegenüber dem Vermieter in einem separaten Schreiben kündigen. Allerdings wird aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bei separaten Kündigungserklärungen gefordert, dass die Kündigungserklärungen in einem engen zeitlichen Zusammenhang zugehen, denn der Kündigungsempfänger, hier der Vermieter, muss alsbald wissen, ob die an ihn adressierte Kündigung formell wirksam ist; dies setzt in Fällen der vorliegenden Art voraus, dass beide Mieter zeitnah eine Kündigung gegenüber dem Kündigungsempfänger aussprechen.

Nur weil ein Mitmieter (ggf. sogar in Absprache mit dem Vermieter) aus dem Mietobjekt auszieht, endet das Mietverhältnis mit ihm nicht, sondern besteht mit ihm weiterhin fort (LG Berlin, Beschluss vom 24.07.1998 - 64 S 230/98, NZM 1999, 758; AG Dortmund, Urteil vom 08.02.2000 - 125 C 10797/99, NZM 2001, 94).

Ein Mietaufhebungsvertrag und demzufolge eine Kündigung des Mietvertrages stellt keinen Fall des § 1357 Abs. 1 BGB dar (so auch LG Köln, Urteil vom 10.01.1990 - 10 S 174/89). Folglich ist ein Ehegatte auch nicht nach § 1357 Abs. 1 BGB gesetzlich empfangsbevollmächtigt zur Entgegennahme einer Kündigung, die (auch) an den anderen Ehegatten gerichtet ist; diese muss dem anderen Ehegatten seinerseits zugehen.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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