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Zur Abgrenzung eines Mietvertrages zur Leihe, Wohnrecht oder Nutzungsverhältnis sui generis; § 535 BGB
BGH Karlsruhe, AZ: VIII ZR 279/16, 20.09.2017
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Ist ein dingliches Wohnungsrecht gemäß § 1093 BGB im Grundbuch nicht eingetragen, welches allein ein die Anordnung eines unbeschränkten Zwangsverwaltungsverfahrens hinderndes Recht darstellen würde (BGH, V ZR 191/14), nicht eingetragen, ist es unerheblich, ob ein schuldrechtliches, unentgeltliches, lebenslanges Wohnungsrecht vereinbart wurde.

Der Zwangsverwalter ist aus einem solchen schuldrechtlichen Vertrag nicht verpflichtet, da gemäß § 152 Abs. 2 ZVG nur ein Miet- oder Pachtvertrag über ein vor der Beschlagnahme einem Mieter oder Pächter überlassenes Grundstück dem Zwangsverwalter gegenüber wirksam ist. Ein lediglich schuldrechtlich vereinbartes lebenslanges Wohnungsrecht könnte allenfalls dem Eigentümer entgegenhalten werden, nicht jedoch dem Zwangsverwalter.

Eine durch den Tatrichter vorzunehmende Auslegung ist vom Revisionsgericht beschränkt darauf zu überprüfen, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind, wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen worden ist oder die Auslegung auf mit der Revision gerügten Verfahrensfehlern beruht.

Bei einer (nahezu) unentgeltlichen Überlassung von Wohnraum zu Wohnzwecken mag die Differenzierung, ob die Parteien einen Mietvertrag (§ 535 BGB), einen Leihvertrag (§ 598 BGB) oder ein schuldrechtliches Nutzungsverhältnis sui generis (§ 241 BGB) abschließen oder nur ein bloßes Gefälligkeitsgeschäft vornehmen wollten, im Einzelfall schwierig sein. Zur Abgrenzung der verschiedenen rechtlichen Möglichkeiten ist nach Anlass und Zweck der Gebrauchsüberlassung und gegebenenfalls sonstigen erkennbar zutage getretenen Interessen der Parteien zu unterscheiden (Senatsurteil VIII ZR 61/15).

3. Dabei kann auch das nachträgliche Verhalten der Vertragsparteien zu berücksichtigen sein. Dieses kann zwar den objektiven Vertragsinhalt nicht mehr beeinflussen, aber Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und das tatsächliche Verständnis der Vertragsparteien haben.

4. Die Übernahme gelegentlicher Reparaturkosten spricht – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – nicht für eine mietvertragliche Vereinbarung. Denn auch bei der Leihe hat der Entleiher gemäß §§ 598, 601 Abs. 1 BGB regelmäßig die der Erhaltung der Sache dienenden Kosten, die den Gebrauch der Sache erst ermöglichen, zu tragen.

Hinsichtlich der Tragung der Betriebskosten hat auch bei der Vereinbarung eines unentgeltliches Wohnungsrechts, wovon die Beklagte hier offensichtlich ausgeht, der Wohnungsberechtigte jedenfalls die verbrauchsabhängigen Kosten wie Strom, Wasser und Heizung zu tragen, ebenso aber auch die anteiligen verbrauchsunabhängigen Kosten der Unterhaltung der Anlagen.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Herausgabeanspruch 985 BGB Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop