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Wer vertritt die Gemeinschaft bei fehlendem Verwalter? - § 9b WEG / Eigentümer von Versammlung ausgeschlossen: Alle Beschlüsse nichtig
AG Pirmasens, AZ: 2 C 127/21, 30.03.2022
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Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist nicht mangels eines gesetzlichen Vertreters prozessunfähig. Vielmehr wird die Wohnungseigentümergemeinschaft, wenn ein Verwalter fehlt oder zur Vertretung nicht berechtigt ist, gemäß § 9b Abs. 1 S. 2 WEG durch alle Wohnungseigentümer vertreten.

Hierdurch wird die Prozessfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft auchbei Fehlen eines Verwalters oder dessen Ausschluss von der Vertretung sichergestellt. Das bedeutet, dass die Gemeinschaft aktiv, also bei Abgabe einer Willenserklärung für die Gemeinschaft, nur durch alle Miteigentümer gemeinsam vertreten wird, jedoch im Rahmen der Passivvertretung, also bei Entgegennahme von Willenserklärungen.

Der Kläger hätte auch einen Antrag nach § 57 ZPO auf Bestellung eines Prozesspflegers stellen können. Stellt der Kläger diesen Antrag zunächst nicht, etwa weil er die Problematik nicht erkennt, hat das Gericht nach § 139 Abs. 1 ZPO auf diesen Antrag hinzuwirken und den Kläger darauf hinzuweisen, dass andernfalls die Klage unzulässig und daher abzuweisen ist.

Zwar ergibt sich grundsätzlich keine Nichtigkeit aus einem Verstoß gegen die Voraussetzungen des § 24 WEG, weil diese dispositiv sind und durch Vereinbarung abgeändert werden können (BGHZ 142, 290 [294] = NJW 1999, 3713 = NZM 1999, 1101). Allerdings gilt dies nicht, wenn beispielsweise Wohnungseigentümer vorsätzlich und gezielt von der Mitwirkung in der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschlossen werden sollen. Denn eine solche bewusste Umgehung des Mitwirkungsrechts kommt einem Ausschluss des Wohnungseigentümers an der Mitverwaltung gleich.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop