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Zur Wiedereinsetzung bei fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung/ Zur Geschäftsführung ohne Auftrag bei einer verwalterlosen Wohnungseigentümergemeinschaft
LG Frankfurt am Main, AZ: 2-13 S 2/15, 02.06.2015
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Eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung eines Amtsgerichts in einem WEG-Verfahren kann bei Versäumung der Berufungsfrist wegen Einlegung der Berufung beim falschen Gericht eine Wiedereinsetzung rechtfertigen, wenn die Fristversäumnis auf die fehlerhafte Belehrung beruht.

Wegen der Spezialmaterie des WEG-Rechts ist der Irrtum über das zuständige Berufungsgericht auch dann entschuldbar, wenn der Berufungsführer anwaltlich vertreten ist, sofern der betreffende Rechtsanwalt kein Fachanwalt ist für Wohnungseigentum ist.

Eine Beitragspflicht des einzelnen Wohnungseigentümers zu den Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 16 Abs. 2 WEG) kann nur durch einen Beschluss nach § 28 Abs. 5 WEG über den Wirtschaftsplan, die Jahresabrechnung oder eine Sonderumlage begründet werden.

Ein Anspruch gegen die übrigen Eigentümer besteht weder aus den Regelungen der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 677 BGB bzw. §§ 818, 684, 677 BGB) noch aus § 670 BGB. Denn derartige Ansprüche bestünden lediglich gegenüber der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft.

Ein Anspruch aus § 10 Abs. 8 WEG steht nur Dritten gegenüber den Wohnungseigentümern zu, nicht jedoch den einzelnen Wohnungseigentümern untereinander. Etwas anderes kann ausnahmsweise bei einer Notgeschäftsführung gelten.

Alleine die Tatsache, dass es noch nie Versammlungen gab, ein Verwalter nicht bestellt war und die Beklagten sich sogar zu Recht weigerten, die geforderten Zahlungen zu leisten, begründet keinen solchen Ausnahmefall, in welchem ein unmittelbarer Ersatzanspruch zuzubilligen wäre.

In diesem Falle sind die Eigentümer darauf angewiesen, über § 21 Abs. 8 WEG durch gerichtliche Hilfe zu einer Jahresabrechnung und zu einem Wirtschaftsplan zu gelangen.
Die Entscheidung des LG Frankfurt zeigt, wie gefährlich es für einen Wohnungseigentümer ist, in einer verwalterlosen Eigentümergemeinschaft das Ruder zu übernehmen und zur Vermeidung von Rechtsnachteilen Verwaltertätigkeiten zu übernehmen, insbesondere Zahlungen an Dritte vorzunehmen.

Eine Verwalter ist zwar nicht zwingend erforderlich, wenn die Eigentümer sich einig sind und die "Verwaltung" ohne Wahl eines Verwalters selber in die Hand nehmen. Sobald sich ein Eigentümer aber weigert, mitzuwirken, müssen die übrigen Eigentümer alles unternehmen, um eine Verwalterbestellung zu bewirken, notfalls auch über den Klageweg.

Im Falle einer Stimmengleichheit lässt sich in der Regel kein Verwalter durchsetzen. In dem Falle müsste zur Freude der Richter ein Antrag beim zuständigen Gericht auf Erstellung eines Wirtschaftsplanes und einer Jahresabrechnung gem. § 21 Abs. 8 WEG durchgesetzt werden.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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