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Unzulässige Unterbrechung der Eigentümerversammlung führt zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse, nicht zur Nichtigkeit; § 24 WEG
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 261/15, 08.07.2016
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Der Versammlungsleiter hat die Befugnis, die Eigentümerversammlung zu unterbrechen, wenn dies ordnungsmäßiger Durchführung der Wohnungseigentümerversammlung entspricht.

Die Unterbrechung einer Wohnungseigentümerversammlung für ein Mandantengespräch zwischen den von einem Beschlussanfechtungsverfahren betroffenen Wohnungseigentümer und ihrem Prozessbevollmächtigten entspricht nur bei Vorliegen besonderer Umstände ordnungsmäßiger Durchführung der Versammlung.

Eine ermessensfehlerhafte Unterbrechung der Eigentümerversammlung führt nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses, da auch eine rechtsmissbräuchliche Ausnutzung formaler Gestaltungsmöglichkeiten nicht ausreichen würde, um die Nichtigkeit eines Beschlusses zu begründen.

Wird eine Eigentümerversammlung von dem Versammlungsleiter unterbrochen, sind die während der Unterbrechung geführten Unterredungen zwischen den Eigentümern untereinander oder mit einem externen Dritten nicht Bestandteil der Eigentümerversammlung. Ein Ausschluss einzelner Wohnungseigentümer von einem während der Unterbrechung geführten Gespräch einer Gruppe von Wohnungseigentümern stellt daher keinen Ausschluss von der Wohnungseigentümerversammlung dar.

Die während der Unterbrechung geführte Unterredung eines Teils der Wohnungseigentümer mit ihrem Prozessbevollmächtigten ist nicht als Fortsetzung der Eigentümerversammlung zu bewerten ist.

Hat die Verwalterin ohne erkennbaren Anlass einen Rechtsanwalt in den Versammlungsraum gebeten und sodann die Eigentümerversammlung zum Zwecke eines Mandantengespräches unterbrochen, fehlt es nicht nur an dem erforderlichen sachlichen Grund für eine Unterbrechung; vielmehr war die Vorgehensweise des Versammlungsleiters auch geeignet, bei den ausgeschlossenen Wohnungseigentümern den Anschein zu erwecken, dass die Verwalterin einseitig die Interessen einer Eigentümergruppe wahrnimmt und damit gegen ihre Neutralitätspflicht verstößt.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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