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Beschlussfassung kann als Vergleich auszulegen sein/ Haupt- und Hilfsantrag dürfen einander widersprechen oder sich gegenseitig ausschließen; §§ 23, 24 WEG; 147, 779 BGB; 260, 263 ZPO
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 298/13, 04.07.2014
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1. Ein schlichter Antrag eines Wohnungseigentümers auf Beschlussfassung hat in der Regel keinen rechtsgeschäftlichen Charakter.

Im Rahmen der einzelfallbezogenen tatrichterlichen Würdigung kann jedoch das Verhalten des klagenden Eigentümers in der der Beschlussfassung vorangehenden Diskussion aus Empfängersicht als rechtlich bindender Antrag zu verstehen sein.

Eine solche Beschlussfassung ist rechtlich zugleich als (stillschweigende) Annahme des Angebots anzusehen; immerhin konnte der Antrag des klagenden Eigentümers nur sofort angenommen werden (§ 147 Abs. 1 Satz 1 BGB).

2. Die auf dem Vergleich beruhende Zahlungspflicht und die ursprüngliche Schadensersatz- bzw. Entschädigungsforderung stellen unterschiedliche Streitgegenstände dar.

3. Gegenstand des Rechtsstreits ist ein prozessualer Anspruch; er wird bestimmt durch den Klageantrag, in dem sich die von dem Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet.

Stützt sich der Kläger in erster Linie auf Schadensersatz- bzw. Entschädigungsansprüche und nur hilfsweise auf die Zahlungspflicht, die sich aus einem vor Klageerhebung geschlossenen außergerichtlichen Vergleich ergibt, ist der Zahlungsantrag identisch; er wird jedoch regelmäßig auf zwei unterschiedliche Lebenssachverhalte gestützt.

Die Verpflichtungen aus dem Schuldverhältnis und die in einem außergerichtlichen Vergleich über das Schuldverhältnis vereinbarten Verpflichtungen sind aber in der Regel als verschiedene prozessuale Lebenssachverhalte anzusehen, und zwar auch dann, wenn der Vergleich keine Novation herbeiführen soll.

Haupt- und Hilfsantrag dürfen einander widersprechen oder sich gegenseitig ausschließen (RGZ 144, 71, 73 f.; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 260 Rn. 4 aE mwN). Eine nachträgliche Klagehäufung ist prozessual wie eine Klageänderung zu behandeln (BGH, Urteil vom 10. Januar 1985 – III ZR 93/83). Ihre Zulässigkeit ist an § 263 bzw. § 533 ZPO und nicht an § 264 Nr. 1 ZPO zu messen, wenn ursprüngliches Zahlungsbegehren und vergleichsweise vereinbarte Zahlung unterschiedliche Streitgegenstände darstellen.

Es ist ein Gebot der Prozessökonomie, dass der Kläger die Zahlungspflicht aus dem Vergleich in dem bereits anhängigen Verfahren titulieren lassen kann, nachdem der Abschluss des Vergleichs auch für die Entscheidung über die ursprüngliche Zahlungspflicht von entscheidender Bedeutung ist und die erforderlichen Beweise erhoben worden sind. Aus dem gleichen Grund sind auch die Voraussetzungen von § 533 Nr. 2 ZPO erfüllt.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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