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Verwalter muss in der Corona-Pandemie keine Eigentümerversammlung einberufen / Einberufung durch den Beirat kann per einstweiliger Verfügung untersagt werden; §§ 24 Abs. 3 WEG; 28 Nr. 4 BayIfSMV
AG München, AZ: 1291 C 2946/21, 25.02.2021
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Eine Verwalterin handelt nicht pflichtwidrig, wenn sie eine Eigentümerversammlung nicht einberuft, wenn jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Absage der Versammlung hätte.

Beruft der Verwaltungsbeirat die Eigentümerversammlung ein, kann die WEG, vertreten durch die Verwalterin, die Durchführung der Versammlung durch einstweilige Verfügung untersagen lassen.

Ist zum Zeitpunkt der Einladung klar, dass ein Absageanspruch besteht, weil entweder Eigentümern die Anreise nicht zumutbar ist oder mit Anreisen aus Infektionsgebieten zu rechnen ist oder fällt die Versammlung gar unter eine Schutzempfehlung nach dem IfSG, ist die Ladung pflichtwidrig und würde Ersatzansprüche begründen.

Deutet die Formulierung in der Einladung darauf hin, dass lediglich 2 bis 5 Personen an der Versammlung teilnehmen dürfen, bedeutet das, dass zwingend die Mehrheit der Eigentümer nicht persönlich teilnehmen darf, sondern von der Ausschließung bedroht ist.

Die Formulierung der Einladung ist geeignet, einen psychischen Zwang bei den einzelnen Wohnungseigentümern auszulösen, der sie von der Wahrnehmung ihrer Kernrechte abhält, zumal auch § 5 der 11. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung entgegenstehen dürfte.
Die Entscheidung des AG München überzeugt nicht völlig. Die Durchführung einer Eigentümerversammlung per einstweiliger Verfügung zu verbieten, wurde bisher in der Rechtsprechung sehr zurückhaltend beurteilt.

Da die Corona-Schutzverordnung eine Durchführung von Versammlungen der Mitglieder juristischer Personen ausdrücklich zugelassen hat, dürfte eine derartige Versammlung nicht mit dem Argument eines möglichen Infektionsrisikos zu begegnen sein, wenn alle Hygienemaßnahmen berücksichtigt wurden.

Wohl aber dürfte der psychische Zwang, nicht an einer Eigentümerversammlung teilnehmen zu dürfen, die Wirksamkeit etwaiger Beschlussfassungen in Frage stellen. Hierzu hatte das AG München (anders als das AG Dortmund Az.: 514 C 88/20 und das LG Frankfurt Az.: 2-13 T 97/20) aber gar keine Feststellungen getroffen.

Die Möglichkeit eines Anfechtungsrechts durch die Wohnungseigentümer dürfte darüber hinaus die Frage nach der Eilbedürftigkeit aufwerfen. Diese allein mit den Kosten eines Anfechtungsverfahrens zu begründen, dürfte nicht genügen, zumal Schadensersatzansprüche diese Kosten auffangen können. Auch wegen des unklar gebliebenen Sachverhaltes war die Vorwegnahme der Hauptsache problematisch.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Vorsitzender Verwaltungsbeirat Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop einstweilige Verfügung Einberufung Corona Covid19 Sars Absagen Wohnungseigentümerversammlung