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Schäden am Gemeinschaftseigentum (hier: Hausflur) durch den Mieter einer Eigentumswohnung berechtigen nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zum Einbehalt der Kaution; §§ 5, 9a WEG; 398, 551 BGB
AG München, AZ: 414 C 22283/20, 26.03.2022
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Mit Leistung der Miet-Sicherheit (Kaution) erwirbt der Mieter einen aufschiebend bedingten Anspruch auf Rückgewähr gem. § 812 Abs. 1 BGB. Die Bedingung tritt ein, wenn der Mieter die Mietsache zurückgegeben hat. Der Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters ist ab diesem Zeitpunkt erfüllbar, wenn auch noch nicht fällig.

Der Anspruch des Vermieters auf Rückgabe eine Mietsicherheit wird fällig, wenn eine angemessene Überlegungsfrist abgelaufen ist und dem Vermieter keine Forderungen aus dem Mietverhältnis mehr zustehen.

Eine etwaige Beschädigung des Treppenhauses einer Wohnungseigentümergemeinschaft durch die Beklagte oder von ihr beauftragte Personen führen zu einem Schadensersatzanspruch, den gemäß § 9 a Abs. 2 WEG n.F. nur die rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem ehemaligen Mieter einer Eigentumswohnung geltend machen kann.

Die Treppenhauswände sind gem. § 5 Abs. 2 WEG zwingendes gemeinschaftliches Eigentum, deren Verwaltung gemäß § 18 Abs. 1 WEG n.F. der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (und damit nicht dem Beklagten) zusteht. Die vom Beklagten erklärte Aufrechnung und das von ihm reklamierte Zurückbehaltungsrecht gehen daher a priori ins Leere, weil ihm die Prozessführungsbefugnis zur Geltendmachung dieses Schadensersatzanspruches fehlt.
Das Amtsgericht München vertritt die Auffassung, dass der Vermieter einer Eigentumswohnung nach Auszug des Mieters nicht berechtigt ist, die Kaution einzubehalten, wenn es beim Auszug zu Schäden im gemeinschaftlichen Hausflur gekommen ist.

Der Hausflur sei zwingendes Gemeinschaftseigentum und Schadenersatzansprüche stehen nur der Gemeinschaft zu.

Diese Auffassung hat zur Konsequenz, dass der Vermieter für Schäden am Gemeinschaftseigentum die Kaution nicht verwerten darf, andererseits aber die kurze Verjährungsfrist des § 548 BGB von sechs Monaten nicht gilt, da es nicht um die Ansprüche des Vermieters, sondern eines Dritten geht.

Der Vermieter könnte allerdings selber von der Gemeinschaft innerhalb der dreijährigen Regel-Verjährungsfrist in Anspruch genommen werden, wenn seine Ansprüche gegen den Mieter schon längst verjährt sind. Da aber hier kein Anspruch des Vermieters geltend gemacht wird, gilt für Schadensersatzansprüche der Gemeinschaft nicht § 548 BGB.

Bei einer Inanspruchnahme des Vermieters durch die Gemeinschaft müsste dieser dem ehemaligen Mieter wohl den Streit verkünden und bei eigener drohender Verjährung dieser Ansprüche gegenüber dem Mieter die Unterbrechnung der Verjährung durch Erhebung einer Feststellungsklage gegen den Mieter herbeiführen. Möglich wäre auch eine negative Feststellungsklage gegen die Gemeinschaft bei entsprechender Streitverkündung gegen den Mieter.

Dabei gilt zu berücksichtigen, dass die Verjährung der Ansprüche der Gemeinschaft wiederum durch die negative Feststellungsklage nicht unterbrochen werden. Diese müsste innerhalb der Verjährungsfrist ihre Ansprüche ebenfalls bei Gericht anhängig machen und darf nicht den Ausgang der negativen Feststellungsklage abwarten.

Klingt kompliziert, ist es auch.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop