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Anspruch auf Änderung des Kostenverteilerschlüssels besteht nur bei Mehrbelastung von mehr als 25 %; §§ 5 Abs. 4 Satz 1, 8 Abs. 2, 10 Abs. 2 Satz 3 WEG; 133, 157 BGB
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 174/09, 10.06.2010
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Infolge eines Ausbaus des Dachgeschosses durch einen Miteigentümer , welches ausweislich der Teilungserklärung nicht zu Wohnzwecken bestimmt ist, kommt es zu einer Änderung der genutzten Wohnfläche, so dass die Kostenverteilung in der Gemeinschaftsordnung die übrigen Eigentümer insoweit benachteiligt, als die zusätzlich genutzten Flächen nicht an den Kosten beteiligt sind.

Wünscht ein Eigentümer, dass die Flächen des genutzten Dachgeschosses bei der Kostenverteilung berücksichtigt werden, hat er nur begrenzte Möglichkeiten gegenüber der Gemeinschaft. Der BGH führt hierzu aus:

Bei einem ablehnenden Beschlussantrag kann der überstimmte Wohnungseigentümer die übrigen Eigentümer nicht auf Zustimmung verklagen, sondern gemäß §§ 21 Abs. 4, Abs. 8 WEG auf abändernde Beschlussfassung durch gerichtliche Entscheidung.

Für den Änderungsanspruch nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG ist allein die Kostenmehrbelastung desjenigen Wohnungseigentümers maßgebend, der eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels verlangt.

Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs soll bei den Kosten eine Orientierung an einer Entscheidung des Kammergerichts (NZM 2004, 549 ff.) nahe liegen (BT-Drucks. 16/887, aaO), das einen Änderungsanspruch für gegeben hält, wenn die Wohn- oder Nutzfläche von dem für die Kostenverteilung maßgeblichen Miteigentumsanteil um mehr als 25 vom Hundert abweicht.

Der Zweck des Anspruchs aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG ist nicht die Vermeidung der durch den bisherigen Kostenverteilungsschlüssel bei einem anderen Wohnungseigentümer entstehenden Vorteile, sondern die Beseitigung unbilliger Härten bei dem die Änderung verlangenden Wohnungseigentümer, die diesem bei einem Festhalten an dem bisherigen Kostenverteilungsschlüssel entstünden.

Eine Gemeinschaftsordnung jedoch nicht unvollständig, wenn sie keine Bestimmung dazu trifft, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Wohnungseigentümer eine Änderung oder Anpassung des vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels an veränderte Umstände verlangen kann. Grundsätzlich ist vielmehr davon auszugehen, dass - wenn sich die Wohnungseigentümer über eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels nicht verständigen können - der gesetzliche Anspruch jedes Wohnungseigentümers in § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG eine angemessene Lösung der gegenläufigen Interessen der Wohnungseigentümer an der Beibehaltung oder der Änderung des Kostenverteilungsschlüssels bereitstellt.

Dies gilt erst recht, wenn die Gemeinschaftsordnung - wie hier - eine Änderung des Lasten- und Kostenverteilungsschlüssels durch einfache Mehrheit zulässt. Die Regelung der Kostenverteilung wird dadurch der Entscheidung der Wohnungseigentümer überlassen, in dem der Eigentümerversammlung eine Beschlusskompetenz zur Änderung der Gemeinschaftsordnung eingeräumt wird (dazu Senat BGHZ 95, 137, 142).

Eine der Mehrheit eingeräumte Entscheidungsbefugnis über den Kostenverteilungsschlüssel lässt keinen Raum für die Annahme, die Gemeinschaftsordnung könne ergänzend dahin ausgelegt werden, dass dem einzelnen Wohnungseigentümer ein - gegen den Willen der Mehrheit durchsetzbarer - Anspruch auf Änderung des Kostenverteilungsschlüssels unterhalb der sich aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG ergebenden Eingriffsschwelle zusteht.
Die Entscheidung des BGH liegt auf der Linie der einhelligen Rechtsprechung. Der einzelne Wohnungseigentümer, der durch den Ausbau seines Dachgeschosses eine weitergehende Nutzung erfährt als in der Teilungserklärung festgelegt, wird nicht automatisch mit den anteiligen Kosten belastet. Diese Voraussetzung muss erst durch die Änderung der Teilungserklärung geschaffen werden.

Dabei gilt zu berücksichtigen, dass eine Änderung der Teilungserklärung gem. § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG auch nicht durch die Mehrheit der Eigentümer durchgesetzt werden kann, wenn der den Dachstuhl ausbauende Wohnungseigentümer mit der Mehrbelastung nicht einverstanden ist und die Grenzen einer Mehrbelastung von 25 % nicht überschritten sind.

In der Praxis sind der einzelne oder die übrigen Wohnungseigentümer gegen den den Dachstuhl ausbauenden Eigentümer nicht rechtsschutzlos. Denn sie können ihrerseits die Zustimmung zur Nutzung des Dachstuhls von einer höheren Beteiligung an den Gemeinschaftskosten abhängig machen. Dieser Anspruch steht nicht nur der Eigentümergemeinschaft zu, sondern jeder einzelne Wohnugnseigentümer kann diesen Anspruch als Individaulanspruch gegen den Willen der übrigen Eigentümer durchsetzen.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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