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Beschluss zur Wahl des Rechtsanwaltes und Vereinbarung eines Stundenhonorars bis 300,00 EUR netto/Stunde durch Delegierung auf den WEG-Verwalter zulässig (sehr zweifelhaft, Anm.d.Red.); §§ 16 Abs. 2, 27, 28 Abs. 2 WEG
AG Hamburg-St. Georg, AZ: 980b C 3/25 WEG, 25.07.2025
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1. Eine von § 16 Abs. 2 S. 1 WEG abweichende Kostenverteilung in den Einzelabrechnungen ist auf Grundlage von § 28 Abs. 2 WEG gerechtfertigt, wenn der Anspruch tituliert ist oder "sonst feststeht", etwa weil er von dem betreffenden Wohnungseigentümer anerkannt worden ist.

2. Ein Beschluss ist nicht deswegen fehlerhaft, weil die Verwaltung damit ermächtigt worden ist, "einen Anwalt" bzw. "eine Anwaltskanzlei" zu beauftragen und mit dieser eine Vergütungsvereinbarung mit einem Stundenhonorar von 150,00 € bis 300,00 € abzuschließen. Die entsprechende Kompetenz für eine solche Delegation folgt aus § 27 Abs. 2 WEG.

Dazu genügt es, dass eine Anwaltskanzlei mit speziellen Kenntnissen im Wohnungseigentumsrecht" beauftragt und mit dieser eine Vergütungsvereinbarung mit o.g. Stundensätzen getroffen werden soll.

Es ist gerade Ausfluss der delegierten Entscheidungsbefugnis der Verwaltung, nach Maßgabe der von den Eigentümern vorgegebenen Richtlinien erst nachfolgend einen (geeigneten) Rechtsanwalt auszuwählen. Ob die Verwaltung dabei Vergleichsangebote einholt oder nicht, ist von ihr im Rahmen der Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums eigenverantwortlich zu entscheiden. Aus den vorgenannten Gründen war es auch weder geboten noch erforderlich, den zu beauftragenden Rechtsanwalt namhaft zu machen.

Im Rahmen der Delegation nach § 27 Abs. 2 WEG kann die Verwaltung auch generell ermächtigt werden, im Rahmen einer anwaltlichen Beauftragung mit einem noch nicht namentlich benannten Rechtsanwalt eine Vergütungsvereinbarung abzuschließen.

Die Eigentümer sind bei dem Abschluss einer solchen Vereinbarung im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung und ihrer ermessensgeleiteten Mehrheitsmacht weitgehend frei, darüber zu entscheiden, ob sie eine Vergütungsvereinbarung zur Grundlage einer anwaltlichen Beauftragung machen wollen oder - mit dem Ergebnis, dass sich die Honorarhöhe dann nach dem RVG bzw. den gesetzlichen Gebühren richtet – nicht.

Dies folgt nach wie vor insbesondere daraus, dass eine Wechselwirkung dahin gehend besteht, dass mit der Inanspruchnahme höheren Vertrauens in Person und Leistungsfähigkeit des anwaltlichen Vertreters auch eine höhere Vergütung verknüpft wird bzw. diejenigen ein höheres Vertrauen erwarten lassen dürfen, die für ihre Leistungen eine höhere Vergütung verlangen.

Hinzu kommt, dass - wie dem erkennenden Gericht aus einer Vielzahl von Wohnungseigentumssachen bekannt ist - die Beauftragung eines (Fach-)Anwalts bzw. einer (Fach-)Anwältin (für Miet- und Wohnungseigentumsrecht) jedenfalls in Hamburg mittlerweile überwiegend mit dem Abschluss einer Vergütungsvereinbarung einhergeht.
Die Entscheidung ist nicht sehr überzeugend und entspricht auch nicht der aktuellen Rechtsprechung.


Die Vereinbarung von Stundensätze für Anwälte (vorliegend 150,00 EUR bis zu 300,00 EUR) dürfte nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich sein und nicht so pauschal vereinbar sein, wie es das AG Hamburg St.-Georg hier verstanden wissen möchte.

Entscheidend für eine zulässige Honorarvereinbarung ist kumulativ die Qualifikation des Anwaltes, die besondere Schwierigkeit der Angelegenheit und die Erfahrung und das Vertrauen der GdWE aus früheren Verfahren mit dem Anwalt (h.M.: LG Karlsruhe; Az. 11 S 68/22; AG Bochum, Az.: 95 C 25/23; AG Charlottenburg, Az.: 72 C 15/18).

Nunmehr sowohl die Höhe des Honorars als auch die Wahl des Anwaltes in die alleinige Entscheidungskompetenz des Verwalters zu stellen, geht wohl weit über die Bestimmtheit eines Beschlusses und das Erfordernis, das alles Wesentliche die GdWE selber regeln muss, hinaus.

Das AG Hamburg St.-Georg vertritt die Auffassung, dass ein besonders teurer Rechtsanwalt auch besonderes Vertrauen begründet (???), wodurch sich das Amtsgericht mit seiner Entscheidung selber widerspricht. Danach dürfte die Verwaltung
keinen Anwalt für 150,00 EUR/Std. beauftragen, da der Anwalt, der für 300,00 EUR/Std. seine Leistungen aushandelt, nach der hanseatischen Logik auch der bessere Anwalt ist und somit auch dem Verwalter das vom Amtsgericht zugestandene Ermessen gar nicht zustehen dürfte, der Beschluss somit schon deshalb nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen dürfte.

Auch handelt es sich bei einer baulichen Veränderung ohne Genehmigung (hier: Rückbau einer Terrassenüberdachung) um keine besonders schwierige Rechtsangelegenheit, die besondere Kenntnisse im Wohnungseigentum verlangt.

Sofern das Gericht hier von einer Rechtsangelegenheit spricht, die besonders ausgeprägte Kenntnisse im WEG-Recht verlangt, scheint das Amtsgericht seine eigene Kompetenz nicht besonders hoch einzuschätzen.

Auch der Hinweis, dass es in Hamburg üblich sei, Stundensätze von 300,00 EUR netto ohne besondere weitere Voraussetzungen zu vereinbaren, kann nicht so ganz nachvollzogen werden. Der Unterzeichner ist selbst regelmäßig mit WEG-Verfahren an den verschiedenen Hamburger Gerichten betraut, allein sieben beim angerufenen Gericht in den letzten Jahren. Keine der auf der Gegenseite aufgetretenen Hamburger Kanzleien hatte eine Stundenvereinbarung mit der GdWE vereinbart.

Es gilt zu berücksichtigen, dass die Gebührenvereinbarungen über den Gebühren des RVG auch beim Obsiegen von der Gegenseite nicht zu erstatten sind. Insoweit kann das wirtschaftliche Interesse der GdWE insbesondere bei einfach gelagerten Verfahren ohne besondere Bedeutung für die Gemeinschaft nicht in einer derartig vom Verwalter selbst zu bestimmenden Gebührenvereinbarung liegen.

Hinzu kommt, dass der Verwalter in der Regel nicht den Rechtsanwalt beauftragt, der im Interesse der GdWE der vermeintlich Beste ist, sondern den Rechtsanwalt, mit welchem der Verwalter seit Jahren - auch in anderen oder sogar eigenen Rechtsangelegenheiten - zusammenarbeitet.

Dass das AG Hamburg St.-Georg zur Stützung seiner Begründung ausschließlich seine eigenen Entscheidungen und Veröffentlichungen zitiert, spricht für sich.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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