Kostenlose Urteile und Gerichtsentscheidungen

Detailansicht Urteil

Zur Verwirkung von Unterlassungsansprüchen (hier: Gaststättennutzung) im Wohnungseigentumsrecht; §§ 15 Abs. 3 WEG; 242 BGB
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 275/16, 15.12.2017
Entscheidung
im Volltext
herunterladen
1. Die Wohnungseigentümer können durch Mehrheitsbeschluss die Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs im Wege einer gekorenen Ausübungsbefugnis des Verbands gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG für die individuellen Unterlassungsansprüche der Sondereigentümer begründen.

2. Wird durch eine Störung des Eigentums ein neuer Unterlassungsanspruch ausgelöst, ist für den Beginn der für die Annahme einer Verwirkung erforderlichen Zeitspanne in der Regel auf den Zeitpunkt der Anspruchsentstehung abzustellen.

Für die Beurteilung der Zeitspanne, die bis zum Eintritt der Verwirkung verstrichen sein muss, kommt auf die Umstände des Einzelfalls ankommt und somit die Annahme fester Zeiträume nicht in Betracht.

An dem sog. Zeitmoment fehlt es in der Regel, wenn eine neue, eigenständige Störung einen neuen Unterlassungsanspruch auslöst. Wird eine Wohnungs- oder Teileigentumseinheit über einen langen Zeitraum zweckwidrig genutzt, begründet eine darauf bezogene neue Willensentscheidung des Eigentümers der Einheit eine solche Zäsur; diese schließt es aus, einen Unterlassungsanspruch der übrigen Wohnungseigentümer wegen der neuen bzw. erweiterten Nutzung als verwirkt anzusehen.

3. Eine Verwirkung eines Rechts kommt nur in Betracht, wenn sich der Verpflichtete aufgrund eines Verhaltens des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass das Recht nicht mehr geltend gemacht wird. Die bloße Untätigkeit des Berechtigten über einen längeren Zeitraum hinweg ist nicht ausreichend.

Der Vertrauenstatbestand kann nicht durch bloßen Zeitablauf geschaffen werden (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2001 - VI ZR 12/00 , NJW 2001, 2535, 2537; Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12 , NJW-RR 2014, 195 Rn. 11 jeweils mwN). Der Anspruch der übrigen Wohnungseigentümer gegen einen Miteigentümer, die zweckwidrige Nutzung seiner Wohnungs- oder Teileigentumseinheit zu unterlassen, kann daher nicht schon deshalb verwirkt sein, weil sie diesen Anspruch über einen langen Zeitraum nicht geltend gemacht haben.
Entscheidung im Volltext herunterladen
Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Verjährung Umstandsmoment Zeitmoment Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop Vergemeinschaftung Beseitigungsansprüche Beseitigungsanspruch bauliche Veränderung intensivere Nutzung Zweckbestimmung Teilungserklärung Vereinbarungscharakter