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Zum Verlust des Anspruchs auf bauliche Veränderung aufgrund der Gesetzesreform zum 01.12.2020 und der Rechtsprechung des BGH ( V ZR 299/19); §§ 9a, 9b WEG
AG München, AZ: 485 C 3241/20 WEG, 25.08.2021
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§§ 9a, 9b WEG; 1004 BGB
Nach § 156 Abs. 1 ZPO kann das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen, wenn Umstände auftreten, die eine weitere Erörterung sachgerecht erscheinen lassen.

Macht ein Wohnungseigentümer Rückbauansprüche gem. § 1004 Abs. 1 BGB geltend, die sich allein auf das gemeinschaftliche Eigentum beziehen, die nicht das Sondereigentum des klagenden Wohnungseigentümers betreffen, verliert der klagende Eigentümer die Prozessführungsbefugnis auch für eine vor dem 01.12.2020 eingereichten Klage, wenn das vertretungsberechtigte Organ (Verwalter) dem Gericht anzeigt, dass die Gemeinschaft die Fortsetzung des Verfahren durch den Eigentümer nicht mehr wünscht, sondern die Rückbauansprüche vergemeinschaftet.

Allein aus dem Umstand, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft zur Rechtsverfolgung kein gerichtliches Verfahren, sondern eine vergleichsweise Einigung angestrebt hat, kann nicht darauf geschlossen werden, dass die im Außenverhältnis maßgebliche Äußerung des nach § 9b WEG vertretungsberechtigten Organs der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem Gericht nur zum Schein abgegeben worden sei.

Beurteilungsgrundlage für das Vorliegen eines entgegenstehenden Willens der Gemeinschaft ist die - im Außenverhältnis maßgebliche - Äußerung ihres nach § 9b WEG vertretungsberechtigten Organs. Auf die Wirksamkeit der Entscheidungsbildung der Wohnungseigentümer im Innenverhältnis, insbesondere die Wirksamkeit eines dazu gefassten Beschlusses, kommt es dagegen nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2021 - V ZR 299/19).

Demnach ist es unerheblich, wenn der klagende Eigentümer einen Beschluss in einer weiteren Eigentümerversammlung, aus der sich der entgegenstehende Wille der Gemeinschaft ebenfalls ableiten lässt, angefochten hat. Auf die Wirksamkeit der Entscheidungsbildung der Wohnungseigentümer im Innenverhältnis, insbesondere die Wirksamkeit eines dazu gefassten Beschlusses kommt es nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Entscheidung des BGH nicht an.
Die Entscheidung entspricht der mittlerweile h.M. aufgrund der Entscheidung des BGH V ZR 299/19. Beseitigungsansprüche von baulichen Veränderungen wird man künftig nur noch als Individualanspruch erfolgreich durchsetzen können, wenn hierdurch auch das eigene Sondereigentum beeinträchtigt ist oder aber das Gesamtbild der Wohnungseigentumsanlage sich nachhaltig verändert.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Rechtsanwalt Frank Dohrmann bauliche Veränderung Beseitigungsanspruch UNterlassungsanspruch