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7,5-fache Abrechnungsspitze ist streitwertmaßgebend (sehr zweifelhaft); §§ 39, 49 GKG
LG Lüneburg, AZ: 3 T 55/21, 15.03.2022
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Durch die Neufassung des § 28 Abs. 1 und 2 WEG hat sich der Beschlussgegenstand geändert, denn Beschlüsse über die Festsetzung von Vorschüssen oder Nachschüssen dienen allein der Beitragsfestsetzung. Sie zielen nicht (mehr) auf eine Genehmigung des ihnen zugrundeliegenden Rechenwerks ab. Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung dienen nur der Vorbereitung dieser Beschlussfassung.

Für den Streitwert der Anfechtung einer Jahresabrechnung ist nur die Abrechnungsspitze maßgeblich.

Die Aufteilung der Finanzierung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer über Wirtschaftspläne mit Vorauszahlungsverpflichtungen und Beschlüsse über Nachschüsse oder Änderungen der Vorschüsse (frühere Jahresabrechnungen) führt, wie auch bei sonstigen Nachschüssen aufgrund Abrechnungen nach bereits gezahlten Vorschüssen, dazu, dass der Streitgegenstand nur noch in den Nachzahlungsbeträgen selbst (oder andersherum in den Rückzahlungsbeträgen) zu sehen ist, die mit der Zahlungsklage geltend gemacht werden.

Dass die Anwälte und auch das Gericht sich innerhalb der Begründetheitsprüfung der Klage neben dem eigentlichen Nachzahlungsbetrag auch mit den Zahlen innerhalb der Jahresabrechnung befassen müssen, führt nicht zu einer Erhöhung des Interesses des Klägers.

Auch der Umstand, dass die Wohnungseigentümer vorliegend mit der Anerkennung der Jahresabrechnung noch gemäß § 28 Abs. 5 WEG a. F. nach dem Wortlaut des Beschlusses über die Abrechnung insgesamt und nicht nur über die Nachschüsse gemäß § 28 Abs. 2 WEG beschlossen haben, erhöht den Streitwert nicht.
Begrüßenswert an dieser Entscheidung ist die Tatsache, dass das LG Lüneburg die weitere Beschwerde zugelassen hat.

Im Ergebnis kann die Auffassung des LG Lüneburg nicht richtig sein. Ein Wohnungseigentümer, der aufgrund einer falschen Abrechnung 1,00 € nachzahlen muss, anstatt bei einer richtigen Abrechnung 700,00 EUR Gutschrift ausgekehrt erhält, hat einen nicht berufungsfähigen Streitwert von 1,00 € x 7,5 = 7,50 €, obwohl sein Interesse allein bei der Abrechnungsspitze bei 701,00 € liegt.

Auch ist nicht nur das Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers an seiner Abrechnungsspitze zu berücksichtigen, sondern auch das Interesse an einer ordnungsgemäßen Verwaltung, d.h. an einer richtigen Abrechnung.

Eine Änderung der Abrechnungsspitze eines einzelnen Wohnunsgeigentümers hat zwangsläufig zur Folge, dass alle Einzelabrechnungen fehlerhaft sind, da die Reduzierung der Kosten eines Eigentümers, zwangsläufig zur Erhöhung der Kosten der anderen Wohnungseigentümer führen muss. Häufig dürften sogar mehrere Eigentümer auf beiden Seiten betroffen sein.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop