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Forderung "Betriebskostennachzahlung" im Insolvenzverfahren
BGH Karlsruhe, AZ: VIII ZR 295/10, 13.04.2011
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Die hinsichtlich eines Wohnraummietverhältnisses abgegebene "Freigabeerklärung" des Insolvenzverwalters dient dazu, die Enthaftung der Masse für Ansprüche aus dem Mietverhältnis herbeizuführen, der sie durch den in § 108 Abs. 1 InsO angeordneten Fortbestand des Mietverhältnisses ausgesetzt ist. Der Mieter wird insoweit geschützt, als der Verwalter nicht zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt ist, sondern lediglich - mit der für die Kündigung geltenden Frist - durch die "Freigabeerklärung" erreichen kann, dass die Masse ab dem Wirksamwerden der Erklärung nicht mehr für die danach fällig werdenden Ansprüche des Mieters haftet. Die Erklärung des Verwalters nach § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO kann aber nicht dazu führen, einer Nachforderung für vor der Insolvenzeröffnung abgeschlossene Abrechnungszeiträume ihren Charakter als (einfache) Insolvenzforderung zu nehmen. Dies widerspräche dem System der Insolvenzordnung, die eine vorgegebene Einteilung der Gläubiger und ihrer Forderungen kennt und einer nachträglichen Verschiebung entgegensteht.

Der Gesetzgeber hat die in § 109 InsO vorgesehene "Nichthaftungserklärung" allein damit begründet, dass eine Möglichkeit geschaffen werden solle, dass der Mieter die Wohnung behalten könne, aber die Masse gleichwohl nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist nicht mehr für "neu entstehende Mietzinsforderungen" hafte (BT-Drucks. 14/5680, S. 27). Die Besonderheiten der Betriebskostenabrechnung hat er dabei offenbar nicht in den Blick genommen (vgl. auch Flatow, aaO, S. 517 f.). Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine bisher nicht als Masseforderung, sondern als Insolvenzforderung zu qualifizierende Nebenkostennachforderung durch die Nichthaftungserklärung des Insolvenzverwalters aus dem Insolvenzverfahren quasi herausgelöst wird und ihren Charakter als Insolvenzforderung verliert. Denn die Einordnung einer Forderung als Insolvenzforderung ist für den Schuldner auch mit einer Schutzwirkung verbunden, weil er während des Insolvenzverfahrens in-soweit nicht persönlich in Anspruch genommen werden kann und eine später zu seinen Gunsten erteilte Restschuldbefreiung auch diese Forderung umfasst.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von Rechtsanwalt Frank Dohrmann, Bottrop
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