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Haftung des Zwangsverwalters aus § 154 ZVG über seine Bestellung hinaus bei nicht fristgerechter Zahlung der Hausgelder einer WEG
LG Dortmund, AZ: 1 S 317/09 WEG, 23.08.2011
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Eine Prozessführungsbefugnis des beklagten Zwangsverwalters besteht auch nach Aufhebung der Zwangsverwaltung - für einen möglichen Anspruch gegen den Verwalter aus § 154 ZVG. Hat der Zwangsverwalter für die Zeit der Anordnung der Zwangsverwaltung die fälligen Beiträge zur Lasten- und Kostentragung nicht an die Gemeinschaft entrichtet, so haftet er nach Auffassung der des LG Dortmund weiterhin wegen einer schuldhaften Pflichtverletzung auf Schadensersatz. Damit besteht für diesen Anspruch auch eine Prozessführungsbefugnis nach Aufhebung der Zwangsvollstreckung.

Durch das Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 23.06.2007 haben die Hausgeldforderungen eine Aufwertung erfahren und sind - in begrenztem Umfange - durch die Einordnung in die Rangklasse von § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG privilegiert. Für die Zwangsverwaltung wurde in § 156 Abs. 1 Sätze 2 und 3 ZVG die Regelung getroffen, dass das Hausgeld im Verteilungsverfahren den öffentlichen Lasten gleichgestellt ist.

Umstritten war angesichts dieser Neuregelungen, ob an der bisherigen Behandlung der Hausgeldzahlungen festgehalten werden konnte. Die Gesetzesänderung hat nicht zur Folge, dass die Forderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft auf das laufende Hausgeld von dem Zwangsverwalter nicht mehr als Ausgaben der Verwaltung zu erfüllen wären (vgl. BGH, Beschluss vom 15.10.2009, Aktenzeichen: V ZB 43/09, NZM 2009, 909 ff.).

Die Haftung des Zwangsverwalters über seinen Bestellzeitraum ist deshalb begründet, weil die Wohnungseigentümergemeinschaft die Hausgelder aus dem laufenden Wirtschaftsplan sofort fällig gestellt hatte. Die Hausgelder waren jedoch gestundet und konnten in 12 Raten monatlich gezahlt werden, wobei bei Verzug von zwei Raten der Gesamtbetrag für das laufende Jahr sofort fällig wurde.
Die Entscheidung des LG Dortmund ist zutreffend. Sie beendet den Streit, wonach Zwangsverwalter unter Hinweis auf § 10 I Nr. 2 ZVG die laufenden Hausgelder der WEG trotz Mieteinnahmen nicht zahlen will, um mit den Mieteinnahmen das zwangsverwaltete Objekt zu renovieren, um so für die (meist) vollstreckende Bank einen höheren Kaufpreis/Versteigerungserlös zu erzielen.

Aufgrund der Entscheidung des LG Dortmund besteht die Gefahr, dass der Zwangsverwalter bei Verzug auch über seinen Bestellzeitraum gem. § 154 ZVG für die Hausgelder haftet.

Mit dieser Konsequenz werden künftig die Zwangsverwalter rechnen müssen. Sollten neben den Hausgeldern dringende Renovierungsarbeiten notwendig sein, muss der Zwangsverwalter beim betreibenden Gläubiger eine Nachschusspflicht einfordern, was bei einer Weigerung zur Aufhebung der Zwangsverwaltung führt. Damit wird das Vorgehen der Gläubiger, auf Kosten der Wohnungseigentümer zwangsverwaltete Objekte zu sanieren, künftig erheblich erschwert.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von Rechtsanwalt Frank Dohrmann, Bottrop
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