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Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren in schuldnerfremdes Eigentum kann unwirksam sein; §§ 37 Nr. 5, 90 ZVG
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 155/12, 08.11.2013
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Zuschlagsbeschlüsse (§ 90 ZVG) sind – ebenso wie Grundbucheintragungen – zumindest grundsätzlich objektiv "aus sich heraus" auszulegen.

Greift ein Zuschlag (§ 90 ZVG) in schuldnerfremdes Eigentum ein, ist er unwirksam, wenn ein verständiger Eigentümer nach dem Inhalt der veröffentlichten Terminbestimmung seine Betroffenheit nicht erkennen und deshalb auch bei Beachtung gehöriger Sorgfalt seine Rechte nicht wahren konnte.

Der Zuschlag führt zu einem originären Eigentumserwerb des Erstehers. Der Ersteher ist nicht Rechtsnachfolger des Schuldners. Er erwirbt bei Wirksamkeit des Zuschlages das Eigentum durch rechtsgestaltenden Hoheitsakt unabhängig vom Eigentum des Schuldners und ohne Rücksicht auf guten oder bösen Glauben. Das bisher an dem Grundstück bestehende Eigentum geht mit dem Zuschlag auch insoweit unter, als schuldnerfremdes Eigentum betroffen ist (vgl. § 37 Nr. 5 ZVG).

Der Zuschlag führt nicht zu dem Entzug schuldnerfremden Eigentums, wenn das zu versteigernde Grundstück in der Terminbestimmung derart fehlerhaft oder unzureichend gekennzeichnet ist, dass der nicht am Verfahren beteiligte (wahre) Eigentümer seine Betroffenheit nicht erkennen konnte und somit keine Veranlassung hatte, seine Rechte nach § 37 Nr. 5 ZVG geltend zu machen.

Es ist daher auch von Verfassungs wegen geboten, dem Eigentümer die Möglichkeit einzuräumen, seine Belange im ZV-Verfahren effektiv zur Geltung zu bringen (vgl. BeckOK- GG/Axer, Edition 18, Art. 14 Rn. 20). Damit wäre es nicht vereinbar, dass ein Eigentümer, der an dem Zwangsversteigerungsverfahren überhaupt nicht beteiligt war und seine Betroffenheit auch bei zumutbarer Anstrengung nicht erkennen konnte, sein Eigentum verliert.

Es kann zur Wahrung eines effektiven Rechtsschutzes und des Anspruchs auf rechtliches Gehör geboten sein, einem Hoheitsakt, der weder angefochten noch nichtig ist, bestimmte Rechtswirkungen abzusprechen.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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