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Nur Lebenssachverhalte, nicht rechtliche Einschätzungen müssen innerhalb der Begründungsfrist vorgetragen werden; §§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG; 156, 522 Abs. 2 ZPO
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 3/16, 16.09.2016
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§§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG; 522 Abs. 2 ZPO
Das Berufungsgericht muss Schriftsätze der Parteien, die zwar nach Ablauf der gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO gesetzten Frist zur Stellungnahme, aber vor Erlass des die Berufung zurückweisenden Beschlusses eingehen, zur Kenntnis nehmen und jedenfalls daraufhin überprüfen, ob darin enthaltene Rechtsausführungen der beabsichtigten Verfahrensweise entgegenstehen und zu einem Eintritt in die mündliche Verhandlung veranlassen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet Art. 103 Abs. 1 GG das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Es verstößt gegen diesen Grundsatz, wenn es einen in zulässiger Weise eingereichten Schriftsatz nicht berücksichtigt; auf ein Verschulden des Gerichts kommt es dabei nicht an (vgl. BVerfGE 11, 218, 220; 62, 347, 352 m.w.N.).

Ein Gericht ist verpflichtet, nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene, nicht nachgelassene Schriftsätze jedenfalls daraufhin zu überprüfen, ob darin enthaltene rechtliche Ausführungen Anlass für die Wiedereröffnung des Verfahrens gemäß § 156 ZPO geben.

Zur Wahrung der Klagebegründungsfrist, wenn eine Beschlussanfechtungsklage innerhalb der Frist nur darauf gestützt wird, dass der Beschluss die Teilungserklärung ändere und dies einstimmig erfolgen müsse, während tatsächlich eine Öffnungsklausel vereinbart und das danach erforderliche Quorum nicht erreicht ist.

Dass die Klägerinnen den Standpunkt vertraten, der Beschluss habe einstimmig gefasst werden müssen, stellt ihre Einschätzung der Rechtslage, aber keine Begrenzung des dem Gericht unterbreiteten Lebenssachverhalts dar.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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