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Das "Aus" der Aktenversendungspauschale ist gekommen; § 107 Abs. 5 Satz 2 OWiG
AG Verden (Aller), AZ: 9b OWi 245 Js 25572/21 (290/21), 05.07.2021
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Gem. § 107 Abs. 5 Satz 2 OWiG gilt, dass eine Aktenversendungspauschale nicht erhoben wird, wenn die Akte elektronisch geführt wird (das ist hier bei der Verwaltungsbehörde der Fall) und ihre Übermittlung elektronisch erfolgt. Letzteres ist hier zwar nicht erfolgt, denn der Verwaltungsbehörde stehen offenbar (noch) nicht die technischen Mittel zur Verfügung, die Akte dem Verteidiger digital zur Einsicht zur Verfügung stellen zu können.

Die Vorschrift des § 107 Abs. 5 OWiG ist aber im Lichte der Änderung durch das Gesetz vom 05.07.2017 (BGBl. I S. 2208) und der dazu erfolgten Gesetzbegründung (BT-Drs. 18/9416) dahingehend auszulegen, dass die Aktenversendungspauschale für einen Ausdruck einer eigentlich digital geführten Akte nur dann anfällt, wenn der Antragsteller (d. h. der Verteidiger) dieses — nämlich den Ausdruck — besonders beantragt.

Demnach kann die Vorschrift des § 107 Abs. 5 Satz 2 OWiG nur so ausgelegt werden, dass die Aktenversendungspauschale nur anfällt, wenn der Verteidiger die Übermittlung eines Aktenausdrucks besonders beantragt hat.

Wenn die Verwaltungsbehörde sich hierzu technisch nicht in der Lage sieht, kann sie hierfür keine Aktenversendungspauschale nach § 107 Abs. 5 Satz 1 OWiG geltend machen.
Sollte sich die Auffassung des AG Verden auch in anderen Gerichtsbezirken durchsetzen, wofür einiges spricht, erledigt sich endliich auch das leidliche Problem, dass der Mandant nicht auf den Kosten der Aktenpauschale sitzen bleibt, selbst wenn er sich keiner Ordnungswidrigkeit schuldig gemacht hat, das Verfahren aber eingestellt wird.

Das wird in der Übergangszeit für zusätzlichen Verwaltungsaufwand bei den Behörden und auch Amtsgerichten führen, wird aber für den mandatierten Rechtsanwalt im Interesse des Mandanten, will der Anwalt diese Kosten nicht selber übernehmen, zu berücksichtigen sein.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop