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Auch bei geringfügigen Mängeln kann die Zahlung des Kaufpreises gem. § 320 BGB verweigert werden
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 104/20, 19.11.2021
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§ 320 BGB
Weist die Kaufsache einen behebbaren Mangel auf, ist der Käufer grundsätzlich selbst dann berechtigt, gemäß § 320 Abs. 1 BGB die Zahlung des Kaufpreises insgesamt zu verweigern, wenn es sich um einen geringfügigen Mangel handelt.

Maßgebender Zeitpunkt für die Freiheit der Kaufsache von Rechtsmängeln ist (jedenfalls bei Grundstücken) nicht der Gefahrübergang, sondern der Zeitpunkt, in dem sich der Eigentumserwerb vollzieht, da sich erst dann entscheidet, ob der Käufer die Inanspruchnahme durch einen Dritten befürchten muss.

Der Verkäufer eines Grundstücks, der die lastenfreie Übertragung des Eigentums schuldet, kann den Käufer nicht darauf verweisen, eingetragene Belastungen seien vormerkungswidrig und relativ unwirksam (§ 883 Abs. 2 Satz 1 BGB) und er könne deshalb deren Löschung selbst durchsetzen (§ 888 Abs. 1 BGB).

Wurde dem Käufer keine eigene Auflassungsvormerkung bewilligt, sondern nur die zugunsten des Verkäufers eingetragene Auflassungsvormerkung "abgetreten", liegt - weil eine Vormerkung nicht isoliert abtretbar ist, sondern entsprechend § 401 BGB mit der Abtretung des gesicherten Anspruchs übergeht (vgl. Senat, Urteil vom 17. Juni 1994 - V ZR 204/92, NJW 1994, 2947 f.) - die Abtretung des Eigentumsverschaffungsanspruchs des Verkäufers an den Käufer zugrunde.

Ein Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung indiziert i.d.R. die Erheblichkeit einer Pflichtverletzung (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2019 - VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 46). Ebenso ist eine unerhebliche Pflichtverletzung beim Kaufvertrag in der Regel zu verneinen, wenn der Verkäufer den Käufer über das Vorhandensein eines Mangels arglistig getäuscht hat.

So ist etwa zu § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB anerkannt, dass bei behebbaren Mängeln in der Regel von einer Geringfügigkeit und damit von einer Unerheblichkeit auszugehen ist, wenn die Kosten der Mangelbeseitigung im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind, was jedenfalls regelmäßig nicht der Fall ist, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag von 5% des Kaufpreises übersteigt.

Der Senat hat im Zusammenhang mit dem aus Treu und Glauben abzuleitenden Übermaßverbot einen Rückstand von knapp 4% des Kaufpreises als nicht mehr geringfügig angesehen.

Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sich der Mangel - hier die Belastung des Eigentums mit Rechten Dritter - als verhältnismäßig geringfügig darstellt, trifft die Partei, die geltend macht, der andere sei an der Erhebung der Einrede ausnahmsweise nach Treu und Glauben gehindert.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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