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Zu den Voraussetzungen einer erfolgreichen Anfechtung des Einzelwirtschaftsplans; §§ 19 Abs. 2 Nr. 4, 28 Abs. 1 WEG
LG Berlin I, AZ: 55 S 7/22, 30.08.2022
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Beschlüsse sind "aus sich heraus" auszulegen. Dabei kommt es bei der gebotenen objektiven Auslegung maßgebend darauf an, wie der Beschluss nach seinem Wortlaut und Sinn für einen unbefangenen Betrachter nächstliegend zu verstehen ist. Auf die subjektiven Vorstellungen der beteiligten Wohnungseigentümer kommt es dagegen nicht an.

Der bloße Vortrag, in einem Wirtschaftsplan würden fehlerhafte Verteilungsschlüssel zur Anwendung kommen, genügt bereits nicht, um den angefochtenen Beschluss für ungültig zu erklären. Vielmehr hätten die Kläger bereits innerhalb der Anfechtungsfrist vortragen müssen, dass sich dieser Fehler auch auf ihre Zahlungspflichten auswirkt.

Betreibt er die Ungültigerklärung eines Beschlusses, mit dem Vorschüsse oder Nachschüsse festgesetzt werden, genügt es nicht, wenn er lediglich pauschal die Anwendung eines unrichtigen Kostenverteilungsschlüssels rügt oder die Höhe einer Kostenposition angreift. Er muss innerhalb der Begründungsfrist auch vortragen, dass und in welchem Maße sich der gerügte Fehler auf seine Zahlungspflicht auswirkt.

Weil die Beschlussfassung nach § 28 Abs. 1 WEG über die im Wirtschaftsjahr zu zahlenden Vorschüsse im Wesentlichen auf Prognosen und Schätzungen beruht, haben die Wohnungseigentümer bei der Festlegung der Vorschüsse zu Beginn eines Wirtschaftsjahres - anders als im Falle der Beschlussfassung nach § 28 Abs. 2 WEG - einen gewissen Ermessensspielraum.

Die Wohnungseigentümer sind aber gleichwohl berechtigt, abweichend von den Vorgaben des Wirtschaftsplans z.B. die Höhe der Kostenansätze (Rechnungsposten) zu verändern oder andere als im Wirtschaftsplan verwendete Kostenverteilungsschlüssel in Ansatz zu bringen. Steht aber den Wohnungseigentümern bei der Festsetzung der Vorschusshöhe ein gewisser Ermessensspielraum zu, genügt ein Beschluss, mit dem sie die Höhe der Vorschüsse nach § 28 Abs. 1 WEG festlegen, auch dann noch den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Höhe der Vorschüsse für einzelne Wohnungseigentümer wegen des Ansatzes eines fehlerhaften Verteilungsschlüssels geringfügig höher oder niedriger ausfällt als bei Ansatz eines zutreffenden Verteilungsschlüssels.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop