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Zu den Anforderungen an einen qualifizierten Mietspiegel bei Mieterhöhungsbegehren, §§ 558, 558a, 558c, 558d BGB
BGH Karlsruhe, AZ: VIII ZR 46/12, 21.11.2012
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Ist ein formell wirksames Mieterhöhungsverlangen gegeben, so ist vom Tatrichter materiellrechtlich zu überprüfen, ob die konkret vom Vermieter verlangte Mieterhöhung nach § 558 BGB tatsächlich berechtigt ist.

Die ortsübliche Vergleichsmiete darf im Prozess daher nur auf der Grundlage von Erkenntnisquellen bestimmt werden, die die tatsächlich und üblicherweise gezahlten Mieten für vergleichbare Wohnungen in einer für die freie tatrichterliche Überzeugungsbildung (§ 286 ZPO) hinreichenden Weise ermittelt haben.

Der Tatrichter ist im Rahmen seiner freien Überzeugungsbildung nicht auf das im Erhöhungsverlangen des Vermieters genannte Begründungsmittel im Sinne des § 558a Abs. 2 BGB beschränkt. Existiert ein ordnungsgemäßer Mietspiegel, der Angaben für die in Rede stehende Wohnung enthält, so darf dieser vom Tatrichter berücksichtigt werden.

Dies folgt für einen Mietspiegel, der nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden ist (§ 558d Abs. 1 BGB; qualifizierter Mietspiegel), bereits aus der in § 558d Abs. 3 BGB vorgesehenen Vermutungswirkung.

Auch ein Mietspiegel im Sinne des § 558c Abs. 1 BGB, der die Voraussetzungen des § 558d Abs. 1 BGB nicht erfüllt (einfacher Mietspiegel), darf in die Überzeugungsbildung des Tatrichters einfließen.

Auf die Prüfung, ob ein Mietspiegel die Anforderungen des § 558d Abs. 1 BGB erfüllt, kann im Bestreitensfall nicht schon deswegen verzichtet werden, weil der Mietspiegel von seinem Ersteller als qualifizierter Mietspiegel bezeichnet oder von der Gemeinde und/oder von den Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter als solcher anerkannt und veröffentlicht worden ist. Denn diese Umstände beweisen noch nicht, dass die Voraussetzungen des § 558d Abs. 1 BGB auch tatsächlich erfüllt sind, insbesondere der Mietspiegel nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden ist.

Ob im Bestreitensfall ein Sachverständigengutachten erforderlich ist, hängt vorrangig von der Art der gegen den Mietspiegel vorgebrachten Einwendungen, der Aussagekraft der vorhandenen und zugänglichen Dokumentation der Datenerhebung und Datenauswertung, dem Inhalt der Erläuterungen zu der im Mietspiegel angewandten Methodik und der eigenen Sachkunde des Gerichts ab.


BGH, Urteil vom 21.11.2012; Az.: VIII ZR 46/12
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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