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Haftung des Luftfartunternehmens bei Verlust von Reisegepäck, Art. 22 Abs. 22 des Übereinkommens von Montreal
EuGH Luxemburg, AZ: C-410/11, 22.11.2012
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Im Montrealer Übereinkommen wird die "Bedeutung des Schutzes der Verbraucherinteressen bei der Beförderung im internationalen Luftverkehr und eines angemessenen Schadensersatzes nach dem Grundsatz des vollen Ausgleichs" anerkannt.

Dieses Ziel würde zwangsläufig in Frage gestellt, wenn ein Reisender, dessen Gegenstände sich im Reisegepäck befunden haben, das ein Mitreisender, der denselben Flug genommen hat, aufgegeben hat, selbst keinen Ersatz des durch ihren Verlust entstandenen Schadens erlangen könnte.

Darüber hinaus haben die Vertragsstaaten des Übereinkommens von Montreal beschlossen, eine strenge Haftungsregelung vorzusehen, die jedoch impliziert, dass für einen "gerechten Interessenausgleich" gesorgt wird, insbesondere in Bezug auf die Interessen der Luftfahrtunternehmen und der Fluggäste (vgl. Urteil Walz, Randnrn. 31 und 33).

Um für einen solchen Ausgleich zu sorgen, sieht das Übereinkommen in bestimmten Fällen - insbesondere, nach Art. 22 Abs. 2, bei Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder Verspätung von Reisegepäck - eine Begrenzung der Haftung der Luftfahrtunternehmen vor, wobei der Höchstbetrag der daraus resultierenden Entschädigung "je Reisenden" gilt (vgl. Urteil Walz, Randnr. 34).

Darüber hinaus kann nicht geltend gemacht werden, dass die Zuerkennung des Anspruchs auf Entschädigung in Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal an einen Reisenden, dessen Gegenstände sich im von einem Mitreisenden aufgegebenen Reisegepäck befanden, den gerechten Interessenausgleich beeinträchtigen würde, da sie zur Folge hätte, dass den Luftfrachtführern eine übermäßige, schwer feststell- und berechenbare Ersatzpflicht aufgebürdet würde, die ihre wirtschaftliche Tätigkeit gefährden oder sogar zum Erliegen bringen könnte, und damit gegen dieses Übereinkommen verstieße.

Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass eine solche Zuerkennung keinesfalls verhindert, dass die Luftfrachtführer die sie gegebenenfalls treffende Ersatzpflicht eindeutig je Reisenden feststellen und berechnen können.
Sodann ist nicht davon auszugehen, dass diese potenzielle Belastung die wirtschaftliche Tätigkeit der Luftfrachtführer gefährden oder sogar zum Erliegen bringen könnte. Die im vorliegenden Urteil angeführten Haftungsbegrenzungen wirken sich nämlich zu ihren Gunsten aus, und die für Reisegepäck vorgesehene Grenze stellt nach Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal einen Höchstbetrag für die Entschädigung dar, den daher nicht jeder Reisende bei Verlust seines Reisegepäcks automatisch und pauschal erhält. Außerdem haftet der Luftfrachtführer nach Art. 17 Abs. 2 des Übereinkommens nicht, wenn und soweit der Schaden auf die Eigenart des Reisegepäcks oder einen ihm innewohnenden Mangel zurückzuführen ist.

Schließlich ist festzustellen, dass es im Hinblick auf den Schadensersatz nach Art. 22 Abs. 2 des Übereinkommens von Montreal Sache der betroffenen Reisenden ist, unter Nachprüfung durch das nationale Gericht den Inhalt des verloren gegangenen Reisegepäcks und den Umstand, dass das von einem Mitreisenden aufgegebene Reisegepäck tatsächlich Gegenstände eines anderen Reisenden, der denselben Flug genommen hat, enthielt, rechtlich hinreichend nachzuweisen. Dabei kann das nationale Gericht berücksichtigen, dass diese Reisenden Familienmitglieder sind, ihre Flugscheine zusammen gekauft oder außerdem gemeinsam eingecheckt haben.

Nach alledem gilt Art. 22 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 3 des Übereinkommens von Montreal auch bei Verlust von Reisegepäck für den Reisenden, der diese Entschädigung für den Verlust eines Gepäckstücks fordert, das von einem Mitreisenden aufgegeben wurde, sofern dieses verloren gegangene Gepäckstück tatsächlich Gegenstände des Reisenden enthielt.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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