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Zur Zulässigkeit des Einbaus eines Treppenlifts; §§ 36 Abs. 5, 65 Abs. 1 Nr. 12 BauO NRW
VG Gelsenkirchen, AZ: 5 K 2704/12, 26.09.2012
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Ein Treppenlift ist eine bauliche Anlage im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW, da er aus Bauprodukten hergestellt und mit dem Erdboden verbunden ist; insoweit genügt auch eine indirekte Verbindung durch Befestigung an einer anderen baulichen Anlage.

Ein Treppenlift ist als "Aufzug" gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 12 a BauO NRW genehmigungsfrei. Die Genehmigungsfreiheit entbindet allerdings nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der materiellrechtlichen Anforderungen, die sich nach den öffentlichrechtlichen Bauvorschriften für bauliche Anlagen ergeben (§ 65 Abs. 4 BauO NRW).

Ein errichteter Treppenlift verstößt gegen § 36 Abs. 5 BauO NRW, wenn die nutzbare Breite der Treppen und Treppenabsätze notwendiger Treppen nicht mindestens 1 m betragen; lediglich in Wohngebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen genügt eine Breite von 0,8 m. Eine notwendige Treppe ist dabei eine solche, über die ein nicht zu ebener Erde liegendes Geschoss zugänglich ist (§ 36 Abs. 1 BauO NRW).

Auch der einstige Erlass des Ministeriums für Städtebau, Wohnen, Kultur und Sport des Landes NRW vom 17. November 2004 - II A 4.R-100/36 – kann keine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigen. Soweit nach jenem Erlass - unter Bezugnahme auf die Treppen-DIN 18065 - für Treppenlifte mit bestimmten Maßen, bei denen die Mindestbreite der Treppe von 1 m unterschritten wird, die Zulassung einer Abweichung nach § 73 BauO NRW möglich sein sollte, ist auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, Urteil vom 1. Oktober 2008 - 25 K 3193/08 -, a.a.O., und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25. November 2009 - 10 A 2849/08 -, hinzuweisen, wonach jener ministerielle Erlass die gesetzlichen Anforderungen nicht außer Kraft setzen kann.
Die Entscheidung des VG Gelsenkirchen stellt die Einhaltung baurechtlicher Vorschriften im Interesse der Allgemeinheit und der übrigen Hausbewohner dem Anspruch auf barrierefreien Wohnen des einzelnen voran, wenn die zuständige Behörde von der Möglichkeit einer grundsätzlich Zulassung einer geringen Abweichung der verbleibenden Mindestbreite einer Treppe gem. § 73 BauO NRW keinen Gebrauch machen möchte.

Insbesondere bei einem Hausbrand muss gewährleistet sein, dass alle Bewohner ohne zusätzliche Gefahren das Treppenhaus als Fluchtweg benutzen können.

Begehrt ein Mieter oder ein Wohnungseigentümer den Einbau eines Treppenliftes, ist ferner zu berücksichtigen, dass neben der Baubehörde auch die Zustimmung des Vermieters bzw. der Wohnungseigentümergemeinschaft erforderlich ist. Diese Zustimmung kann grundsätzlich im Klagewege ersetzt werden.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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