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Werbung mit Garantie ohne genaue Angaben zum Garantieschutz ist wettbewerbswidrig; §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG; 477 BGB
OLG Hamm, AZ: I-4 U 98/11, 22.11.2011
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50 kostenpflichtigen Abmahnungen stehen nicht im Missverhältnis zur Geschäftstätigkeit eines Wettbewerbers, der auch ohne Preisgabe seiner Umsatz- und Gewinnzahlen anschaulich allein in einem Monat 7.124 Bewertungen seines Onlineshops umreißt.

Auf einer Behauptung ins Blaue hinein, der Rechtsanwalt des Klägers habe die Wettbewerbsverstöße selber ermittelt und mit diesem eine gesonderte Gebührenvereinbarung getroffen, wonach sie an diesen überhaupt kein Rechtsanwaltshonorar zu zahlen habe, sondern dieser seine Gebühren nur aus realisierten Abmahnungen von den jeweiligen Abmahngegnern erhält, ist unsubstantiiert und erfordert keine Beweisaufnahme.

Der Hinweis „ volle Garantie“ in einer Werbung stellt ein Handeln im geschäftlichen Verkehr im Sinne der §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar. Denn die in Rede stehenden Angaben dienen der Absatzförderung der Waren des eigenen Unternehmens. Gerade die Gewährung einer Garantie ist geeignet, das Vertrauen des Verbrauchers in die Qualität des Produktes zu erhöhen (BGH GRUR 2011, 638 - Werbung mit Garantie).

Mit der Angabe "volle Garantie" handelt der Beklagte i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG einer Vorschrift zuwider, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Markteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Hierin liegt ein Verstoß gegen § 477 Abs. 1 BGB, der in Umsetzung von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG v. 25.5.1999 in das deutsche Recht dem Schutz der Verbraucher dient und dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer, insbesondere der Verbraucher das Marktverhalten zu regeln.

Gemäß § 477 Abs. 1 S.2 BGB muss eine Garantieerklärung (§ 443 BGB) - und hierfür genügt schon eine unselbständige Garantie als Bestandteil eines Kaufvertrages - den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf enthalten, dass diese Rechte durch die Garantie nicht eingeschränkt werden. Ferner muss die Erklärung den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben, die für deren Geltendmachung erforderlich sind, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Namen und Anschrift des Garantiegebers, enthalten.

§ 477 BGB ist auf alle Garantieerklärungen des Verkäufers und eines Dritten als Garantiegeber i.S.d. § 443 BGB, mithin auch des Herstellers anwendbar (BeckOK-Faust, Stand: 01.03.2011, § 477 BGB, Rn. 3, Palandt-Weidenkaff, 70. Aufl., § 477 BGB, Rn. 3), sofern die angekündigte Garantie Bestandteil des Angebots ist (Senat Urt. v. 05.04.2011 - 4 U 221/10).

Der Verbraucher muss noch vor Vertragsabschluss über die Einzelheiten der Garantie in Kenntnis gesetzt werden. Denn § 477 BGB soll auch dem Missstand begegnen, dass die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers als Garantie bezeichnet werden und dadurch der falsche Eindruck erweckt wird, der Kunde erhalte besonders günstige Konditionen.

Es liegt keine Bagatelle i.S.d. § 3 UWG vor, da die Verletzung von europarechtlichen Verbraucherinformationspflichten eo ipso die Spürbarkeit des Wettbewerbsverstoßes begründet. Denn auch objektiv zutreffende Angaben können irreführend sein, wenn ein beachtlicher Teil der hiervon angesprochenen Verkehrskreise mit diesen eine unrichtige Vorstellung verbindet.

Mit dem besonders herausgestellten Hinweis auf die Versicherung des Versandes wird dem Durchschnittsverbraucher der Eindruck vermittelt, dass ihm als Besteller respektive Käufer durch diese Versicherung ein prinzipieller Vorteil erwächst, mithin diese in seinem Interesse liegt; ansonsten würde sich eine solchermaßen betonte Information seitens des Verkäufers an den Käufer erübrigen.

Denn beim Verbrauchsgüterkauf ist gemäß § 474 Abs. 2 S. 2 BGB die Regelung des § 447 BGB zum Gefahrübergang beim Versendungskauf nicht anwendbar. Die Vergütungs-/Preisgefahr bleibt damit solange beim Verkäufer, bis der Käufer in den Besitz der Sache gelangt (§ 446 BGB). Das heißt, das generelle Versandrisiko wird beim Verbrauchsgüterkauf dem Verkäufer (Unternehmer) überbürdet.

Der Abschluss der in den Versandbestimmungen des Beklagten hervorgehobenen Versicherung dient damit in erster Linie den eigenen Interessen des Verkäufers, der im Falle des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Beschädigung der verkauften Ware beim Versand den Anspruch auf die Gegenleistung des Kaufpreises verlieren würde (§ 326 Abs. 1 S. 1 BGB), ohne sich seinerseits an den Beförderer der Ware halten zu können.

Die in Rede stehende Angabe ist wettbewerbsrechtlich relevant. Sie ist geeignet, den Verkehr in seiner wirtschaftlichen Entschließung irgendwie zu beeinflussen das Vergütungsrisiko des Versandes, d.h. den Kaufpreis zahlen zu müssen, obwohl die versendete Ware gar nicht oder beschädigt ankommt, für den Erwerber im Versandhandel eine durchaus kaufentscheidende Rolle spielt.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Garantiewerbung Angaben Selbstverständlichkeiten Werbung mit Unlauterer Wettbewerb UWG Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop