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Eigentümer durfte wegen der Corona-Pandemie nicht an WEG-Versammlung teilnehmen - alle Beschlüsse sind nichtig
AG Hannover, AZ: 407 C 3835/21, 22.10.2021
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Werden die Wohnungseigentümer aufgrund der Corona-Pandemie von der Eigentümerversammlung ausgeschlossen, sind alle gefassten Beschlüsse nichtig.

Die Nichtigkeit eines Beschlusses liegt unter anderem dann vor, wenn in den Kernbereich des Eigentums eingegriffen wird. Daher ist ein Ausschluss der Eigentümer von Versammlungen unzulässig, weil dem Mitglied dadurch nicht nur faktisch sein Stimmrecht genommen, sondern ihm darüber hinaus die ebenfalls in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrecht Fallende Befugnis abgeschnitten wird, auf die Willensbildung der Gemeinschaff durch Rede und Gegenrede Einfluss zu nehmen.

Ein Wohnungseigentümer, der einen nach dem 01.12.2020 gefassten Beschluss über die Jahresabrechnung erfolgreich anficht, hat keinen Anspruch auf Vermögensaufstellung gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft, da der Verwalter verpflichtet ist, die Jahresabrechnung neu zu erstellen.

Der Kläger hat daher im Rahmen dieser Prüfung bis zur Beschlussfassung die Möglichkeit seine Kritikpunkte mit den anderen Eigentümern und dem Verwalter zu erörtern. Einer Klage bedarf es insoweit noch nicht.
Das Amtsgericht Hannover hat die Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse eine Eigentümerversammlung bei Ausschluss der Teilnahme von Wonungseigentümern an der Versammlung aufgrund der Corona-Pandemie entschieden. Vorliegend kam es aufgrund der Wahrung der Anfechtungsfrist hierauf nicht weiter an. In der Rechtsprechung ist nicht eindeutig geklärt ob, der Ausschluss der Teilnahme an einer Versammlung zur Nichtigkeit oder nur zur Anfechtbarkeit führt.

Die Entscheidung des AG Hannover dürfte dagegen mit der geänderte Gesetzlage bzgl. der abgewiesenen Klage nicht vertretbar sein. Das Amtsgericht hat insoweit die seit dem 01.12.2020 geltende Rechtslage verkannt. Ein Problem, das derzeit bei nahezu allen Amtsgerichten zu unnötigen Berufungen führt.

Der Gesetzgeber hat sich dazu entschieden, die Gesamtjahresabrechnung durch einen Vermögensbericht zu ersetzen. Damit unterliegt die Gesamtjahresabrechnung nicht mehr der Beschlussfassung der Wohnungseigentümer und somit auch nicht mehr der Anfechtung.

Ist die Vermögensaufstellung fehlerhaft, muss die Gemeinschaft auf Erstellung einer ordnungsgemäßen Vermögensaufstellung in Anspruch genommen werden. Dies war vorliegend auf Klägerseite auch erfolgt, vom Amtsgericht aber nicht erkannt worden.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop Wohnungseigentümerversammlung