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Zum Krankenstand und Urlaubsabgeltungsanspruch bei Freistellung eines Arbeitnehmers nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses; Unwirksamkeit einer unklaren Verfallklausel; §§ 49, 224 SGB V; 305 ff BGB
LAG Düsseldorf, AZ: 7 Sa 1322/13, 05.02.2014
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Nach § 224 SGB V ist ein Mitglied für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld beitragsfrei. Anspruch auf Krankengeld haben nach § 44 Abs. 1 SGB V nur Arbeitnehmer, die aufgrund ihrer Krankheit arbeitsunfähig sind.

Dass es sich bei dem bescheinigten Lohnersatz um Krankengeld handelt, ergibt sich auch daraus, dass andernfalls die Beklagte zur Entgeltzahlung während des Freistellungszeitraumes verpflichtet gewesen wäre, was unstreitig nicht der Fall ist.
Die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung war unter diesen Umstän­den nicht erforderlich. Die Klägerin hat unstreitig keine Entgeltfortzahlung von der Beklagten verlangt oder erhalten.

Der Einwand der Beklagten, im Falle ihrer Arbeitsunfähigkeit hätte die Klägerin einen gebuchten Urlaub ggf. absagen müssen, ist unerheblich. Abgesehen da­ von, dass das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit nicht zwangsläufig bedeutet, dass der betreffende Arbeitnehmer nicht trotzdem in Urlaub fahren kann, kann letztlich dahinstehen, ob die Klägerin aus ärztlicher Sicht in Urlaub hätte fahren dürfen oder nicht - unterstellt, die Klägerin ist überhaupt in Urlaub gewesen - denn ein solches Verhalten könnte allenfalls in einem bestehenden Arbeitsver­ hältnis Bedeutung haben, nämlich dann, wenn es sich genesungswidrig ausge­ wirkt hätte. Vorliegend war die Klägerin jedoch aufgrund der Freistellung von der Arbeitsleistung befreit. Ein etwaiges genesungswidriges Verhalten hat keine Auswirkung auf die hier streitgegenständliche Urlaubsabgeltung.

Mit Urteil vom 30.05.2006, Az.: B 1 KR 26/05 R (zitiert nach juris) hat das Bundessozialgericht entschieden, dass eine Urlaubsabgeltung kein Arbeitsentgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 Satz 1 SGB V darstellt und somit nicht zum Ruhen des Krankengeldes führt. Im Ver­ hältnis zur Krankenkasse bewirkt eine für die Zeit nach Beendigung des Be­ schäftigungsverhältnisses gewährte Urlaubsabgeltung mithin nicht das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld nach § 44 SGB V (so auch BAG, Urteil vom 17.11.2010, 10 AZR 649/09, Rn. 18, zitiert nach juris). Erst recht kann eine nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Urlaubsabgeltung nicht sozusagen „rückwirkend" zum Ruhen und damit zum Entfallen des Kranken­ geldanspruches in einem vorhergehenden Zeitraum führen.

§ 305c Abs. 2 BGB, wonach Zweifel bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen, soweit zumindest zwei ernsthaft in Betracht zu ziehende Auslegungsmöglichkeiten bestehen mit der Folge, dass der Verwender sich die arbeitnehmerfreundlichste Auslegung ent­gegenhalten lassen muss, greift vorliegend nicht, denn innerhalb des § 11 des Arbeitsvertrages bestehen nicht zwei Auslegungsmöglichkeiten, sondern eine Widersprüchlichkeit, die durch Verwendung einer arbeitnehmerfreundlichen Auslegung nicht überwunden werden kann.

Als Auslegungsmöglichkeiten kommen vorliegend die Vereinbarung einer Ausschlussfrist von drei oder von sechs Monaten in Betracht. Insoweit ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Ausschlussfristen nicht nur für Ansprüche der Klä­gerin gegenüber der Beklagten gelten, sondern auch im umgekehrten Fall. Während für die Geltendmachung von Ansprüchen der Klägerin eine sechsmo­ natige Geltendmachungsfrist einer arbeitnehmerfreundlichen Auslegung ent­spräche, wäre bei Geltendmachung von Ansprüchen der Beklagten gegenüber der Klägerin die kürzere Verfallfrist von drei Monaten die arbeitnehmerfreundli­che Auslegung. Eine Auslegung dahingehend, dass für die „Vertragschließen­den" jeweils unterschiedliche Fristen gelten sollen, verbietet der Wortlaut der Klausel, der ersichtlich beinhaltet, dass für beide Parteien dieselbe Frist gelten sollte, ohne dass jedoch festgestellt werden kann, welche Frist es sein sollte.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von Rechtsanwalt Frank Dohrmann, Bottrop
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