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Schlüsselrückgabe an Mutter des Vermieters - Wann beginnt die Verjährung gem. § 548 BGB?
LG Essen, AZ: 10 S 13/19, 11.04.2019
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Gem. § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB beginnt die kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten für die Ersatzansprüche des Vermieters unabhängig von der Entstehung der Ansprüche mit dem Rückerhalt der Mietsache zu laufen, weil der Vermieter deren Zustand mangels Zutrittsmöglichkeit während der Besitzzeit des Mieters erst nach Rückerhalt überprüfen kann. Der Begriff des Rückerhalts ist weder sprachlich noch in der Bedeutung gleichzusetzen mit dem Begriff der Rückgabe in § 546 BGB.

Rückerhalt und Rückgabe haben eine unterschiedliche Funktion. Während die Rückgabe für das Ende der Nutzungsberechtigung und die vom Mieter hierbei zu erfüllenden Pflichten in Bezug auf die Mietsache steht, ist die Funktion des Rückerhalts eingeschränkter. Durch den Rückerhalt der Mietsache soll der Vermieter nämlich die Möglichkeit erhalten, die Mietsache auf ihren vertragsgemäßen Zustand zu überprüfen, ob also der Mieter seine Rückgabepflichten erfüllt hat.

Der Beginn der Verjährungsfrist hängt nicht von einer vollständigen Räumung oder der Erfüllung der sonstigen Rückgabepflichten ab, im Gegenteil, der Rückerhalt dient gerade der Möglichkeit, die Vertragsmäßigkeit der Mietsache festzustellen. Auch ist die Beendigung des Mietverhältnisses nicht Voraussetzung für den Beginn der Verjährung.

Für die Fristberechnung gilt § 187 Abs. I BGB. Eine Möglichkeit zur Untersuchung besteht nicht, wenn der Vermieter trotz des Rückerhalts aus nicht in seiner Person liegenden Gründen außer Stande ist, die Mietsache zu untersuchen.

Ist der Vermieter persönlich an dem Besitzwechsel beteiligt, erhält er automatisch nicht nur von der Besitzaufgabe Kenntnis, sondern auch von seinem eigenen Besitz. Das gleiche gilt, wenn er sich bei diesem Vorgang umfassend vertreten lässt: Der Vertreter erlangt für ihn sowohl Besitz (als Besitzdiener), als auch Kenntnis vom Besitzwechsel (als Vertreter); die Kenntnis des Besitzwechsels wird dem Vermieter gem. § 166 BGB zugerechnet.

Die Kenntnis eines Besitzdieners (etwa eines Hauswarts) von der Besitzaufgabe des Mieters wird dem Vermieter nicht automatisch zugerechnet. Das ist vielmehr nur dann der Fall, wenn der Besitzdiener über den reinen Besitzwechsel hinaus mit der Übergabe (Rücknahme) der Mietsache beauftragt war; nur dann ist der Vermieter in der Lage, sich ein umfassendes Bild von deren Zustand zu machen. Es ist nämlich zu unterscheiden zwischen dem Willen des Besitzdieners, die Sachherrschaft für den Vermieter auszuüben, und der Kenntnis des Vermieters von der Besitzergreifung durch den Besitzdiener; die Kenntnis des Besitzdieners kann dem Vermieter nicht ohne Weiteres zugerechnet werden.

Die Darlegungs- und Beweislast für die die Verjährung auslösenden Tatsachen liegen nach allgemeinen Regeln (Günstigkeit) auf Seiten des Mieters.

Eine Vertretungsmacht der die Schlüssel entgegennehmenden Mutter ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Ihre zunächst erklärte Weigerung, die Schlüssel entgegenzunehmen, wie von der Zeugin angeführt, spricht gegen eine Vertretungsmacht auch aus Rechtsscheinsgesichtspunkten.
Die Entscheidung entspricht der Rechtsprechung des BGH. Zutreffend hat das LG Essen auch die Darlegungs- und Beweislast auf seiten des Mieters richtig erkannt. Die Verjährung des § 548 BGB beginnt nur mit Rückgabe des Schlüssels an den Vermieter oder einer hierzu ermächtigten Person.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Rückgabe vertreter Besitzdiener Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop verschlechterung der Mietsache