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Widerlegung einer Benachteiligungsvermutung nach unterbliebener Einladung eines Schwerbehinderten durch öffentlichen Arbeitgeber
BAG Erfurt, AZ: 9 AZR 431/08, 21.07.2009
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Öffentliche Arbeitgeber haben einen schwerbehinderten Bewerber nach § 82 S. 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Diese Pflicht besteht nach § 82 S. 3 SGB IX nur dann nicht, wenn dem schwerbehinderten Menschen die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Ein schwerbehinderter Bewerber muss bei einem öffentlichen Arbeitgeber die Chance eines Vorstellungsgesprächs bekommen, wenn seine fachliche Eignung zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Er soll den Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch von seiner Eignung überzeugen können.

Ein Arbeitgeber bleibt für die Dauer des Auswahlverfahrens an das in der veröffentlichten Stellenbeschreibung bekannt gegebene Anforderungsprofil gebunden.

Beweist ein schwerbehinderter Beschäftigter oder Bewerber Indizien, die eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorliegt. Ein Indiz für eine Benachteiligung ist bei einem öffentlichen Arbeitgeber die unterbliebene Einladung des schwerbehinderten Bewerbers zum Vorstellungsgespräch.

Der Entschädigungsanspruch aus § 15 II AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 81 II 1 SGB IX geregelte Verbot der Benachteiligung schwerbehinderter Beschäftigter voraus. Danach darf der Schwerbehinderte nicht „wegen seiner Behinderung” benachteiligt werden. Die Schwerbehinderung ist nicht (mit-) ursächlich für die Benachteiligung, wenn der Arbeitgeber beweist, dass für sein Handeln ausschließlich andere Gründe als die Schwerbehinderung maßgebend waren.

Der Entschädigungsanspruch aus §§ 81 II 1, 82 S. 2 SGB IX i.V. mit § 15 II AGG schützt das Recht des Bewerbers auf ein diskriminierungsfreies Bewerbungsverfahren.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von iurado
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