Kostenlose Urteile und Gerichtsentscheidungen

Detailansicht Urteil

BGH kippt WEG-Reform: Prozessführungsbefugnis besteht wegen planwidriger Regelungslücke fort; § 48 Abs. 5 WEG
BGH Karlsruhe, AZ: V ZR 299/19, 07.05.2021
Mitteilung
herunterladen
Die Übergangsvorschrift des § 48 Abs. 5 WEG enthält eine planwidrige Regelungslücke. Ein - zur Unzulässigkeit der Klage führender - Wegfall der Prozessführungsbefugnis des Wohnungseigentümers während des laufenden gerichtlichen Verfahrens hätte zur Folge, dass das Verfahren, selbst wenn es - wie im vorliegenden Fall - schon seit Jahren anhängig und über mehrere Instanzen geführt worden war, für beide Parteien gänzlich nutzlos gewesen wäre und im Ergebnis nur erheblichen Aufwand und Kosten verursacht hätte.

Gegen die Annahme, dass dies dem Plan des Gesetzgebers entspricht und er dies bewusst hinnehmen wollte, spricht, dass die Gesetzesbegründung hierzu keine Erläuterung enthält, was bei einem Eingriff dieses Ausmaßes und der Vielzahl der betroffenen Verfahren zu erwarten wäre.

Dies gilt umso mehr, als § 9a Abs. 2 WEG für Verfahren, in denen ein Wohnungseigentümer vor Inkrafttreten der Vorschrift Klage erhoben hat und das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, bei einem Wegfall der Prozessführungsbefugnis eine so genannte unechte Rückwirkung entfalten würde.

Hätte der Gesetzgeber der Regelung für bereits anhängige Verfahren eine solche Wirkung beimessen wollen, hätte es nahegelegen, dass er die Gründe hierfür anhand des gesetzgeberischen Ziels erläutert und darstellt, warum dem Vertrauen des Wohnungseigentümers auf den Fortbestand seiner Prozessführungsbefugnis ein geringeres Gewicht zukommt.
Bedauerlicherweise kommt die begrüßenswerte Entscheidung des BGH zu spät. Zwischenzeitlich wurden eine Vielzahl von Klagen rechtskräftig abgewiesen oder für erledigt erklärt und neue Klagen mit gleichem Streitgegenstand eingereicht.

Lediglich das AG Heidelberg (45 C 108/19) hatte den Mut gehabt, der völlig missglückten Gesetzesreform entgegenzutreten und war von zahlreichen Gerichten abgewatscht worden.

Allein das Parteibuch einer der Regierungsparteien zu besitzen, sollte künftig kein Maßstab mehr sein, um talentfreie Volljuristen zum Gesetzgeber auswählen.

Und diese Entscheidung wird nicht die letzte des BGH gewesen sein, die sich mit den bereits jetzt schon andeutenden Defiziten der WEG-Reform auseinandersetzen wird.
Mitteilung herunterladen
Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop Wohnungseigentum Wohnungseigentümergemeinschaft