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Duldung der Zwangsvollstreckung des teilenden Eigentümers bei Wohngeldrückständen des werdenden Eigentümers gem. §§ 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG, 16 Abs. 2 WEG
LG Berlin I, AZ: 55 S 87/10, 28.09.2010
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1. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann gegen den teilenden Eigentümer einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung wegen Wohngeldrückständen bei Eintragung einer Auflassungsvormerkung zu Gunsten des Wohnungskäufers besitzen; §§ 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG, 16 Abs. 2 WEG.

2. Will die Wohnungseigentümergemeinschaft die Zwangsversteigerung selbst betreiben, d. h. nicht nur in einem von dritter Seite eingeleiteten Verfahren ihre Ansprüche anmelden, muss sie nach § 10 Abs. 3 S. 2 ZVG einen Titel vorlegen, aus dem die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit zu erkennen sind.

3. Der beantragte Titel, wonach der teilende Eigentümer die Zwangsversteigerung in Höhe einer Wohngeldforderung über 5.787,88 Euro dulden soll, steht im Rahmen des § 10 Abs. 3 S. 2 ZVG einem Zahlungstitel gleich.

4. Ist der Wohngeldschuldner werdender Eigentümer der Wohneinheit und der teilende Eigentümer immer noch im Grundbuch eingetragen, kann die Gemeinschaft einen Zahlungstitel, den sie gegen den Wohngeldschuldner erwirkt hat, nicht gegen den noch eingetragenen teilenden Eigentümer umschreiben lassen, da dieser nicht Rechtsnachfolger des Wohngeldschuldners ist (vgl. Bärmann-Becker, § 16 WEG Rn. 186). Vielmehr kann sie die Zwangsversteigerung nur dann betreiben, wenn sie - wie vorliegend - den teilenden Eigentümer auf Duldung dieser Zwangsvollstreckungsmaßnahme in Anspruch nimmt.

5. Auch der Nachweis nach § 10 Abs. 3 S. 1 ZVG, wonach sich der Wohnungseigentümer mit seinen Wohngeldverpflichtungen in Höhe von 3 % des Einheitswerts seines Wohnungseigentums länger als drei Monate im Verzug befinden muss (§ 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG), kann nach Auffassung des BGH (Beschluss vom 14.05.2009; Az.: V ZB 178/08) durch eine Mitteilung des Finanzamts auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichts getroffen werden. Das Vollstreckungsgericht hat gemäß § 15 Abs. 1 ZVG bei der Bestimmung des Versteigerungstermins einen Vorschuss zu erfordern. Der zu diesem Zweck vom Finanzamt nach Maßgabe des § 54 Abs. 1 S. 4 GKG mitzuteilende Einheitswert kann im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens verwertet werden.

6. Sollte es zu keinem Auskunftsersuchen kommen, kann der Nachweis für eine Anordnung der Zwangsversteigerung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG auch mit dem Beschluss des Vollstreckungsgerichts über den Verkehrswert geführt werden
Das Landgericht hatte vorliegend einen Sonderfall zu entscheiden. Im Rahmen einer werdenden Eigentümergemeinschaft (d.h. erstmals begründetes Wohneigentum des teilenden Eigentümers) haftet nicht der Grundbucheigentümer für Hausgeldschulden, sondern der mit einer Auflassungsvormerkung versehene werdende Eigentümer. Ist dieser aber noch nicht im Grundbuch eingetragen, soll nach Auffassung des LG Berlin eine Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung gegen den Grundbucheigentümer gem. §§ 10 Abs. 1 Nr. 2, 10 Abs. 3 Satz 2 ZVG ohne Zahlungstitel möglich sein, da der Duldungstitel ein Weniger zum Zahlungstitel sei.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Eigentumswohnung Zwangsversteigerung säumiger Eigentümer Insolventer Eigentümer Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop