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Zur Geltendmachung von Ansprüchen bei baulichen Veränderungen durch einzelne Wohnungseigentümer trotz Vergemeinschaftung und zu deren Unverjährbarkeit, §§ 14, 22 Abs. 1 WEG, 902 BGB
OLG München, AZ: 32 Wx 111/07, 16.11.2007
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§§ 22 Abs. 1 WEG a.F.; 902, 985, 1004 Abs. 1 BGB
1. Zwar unterliegt der „reine“ Anspruch auf Beseitigung einer baulichen Veränderung aus § 1004 Abs. 1 BGB der dreijährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB, geht es aber vorrangig um die Wiedereinräumung des Mitbesitzes an der gemeinschaftlichen Fläche ist § 902 BGB anzuwenden, mit der Folge, dass eine Verjährung ausscheide.

2. Die Abwehr von Störungen im Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums ist nicht nur Angelegenheit der Wohnungseigentümer als Einzelpersonen, sondern gehört daneben auch zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums des insoweit teilrechtsfähigen Verbands, wenn die Störung in die Befugnisse der Gemeinschaft eingreift. Damit kann die Eigentümergemeinschaft den Beseitigungsanspruch auch im eigenem Namen verfolgen können.

3. Einzelne Wohnungseigentümer können auch neben der Gemeinschaft Ansprüche auf Beseitigung, Duldung oder Herausgabe verfolgen. Anders als beim Anspruch auf mangelfreie Herstellung von Gemeinschaftseigentum (vgl. BGH BauR 2007, 1221) ist beim Beseitigungsanspruch nicht regelmäßig die Bildung eines einheitlichen Willens über das Wie der Herstellung erforderlich.

4. Es ist im Übrigen auch sachgerecht, dem einzelnen beeinträchtigten Wohnungseigentümer die Möglichkeit zur Geltendmachung seines Anspruchs zu erhalten, da sonst in Einzelfällen die Gemeinschaft durch Mehrheitsbeschluss gegen den Willen der betroffenen Eigentümer die Geltendmachung an sich ziehen könnte, sie aber gleichzeitig aussetzen und so blockieren könnte.
Die Entscheidung des OLG München ist besonders lesenswert, als sie zu vielen Fallstricken bei der Geltendmachung von baulichen veränderungen Stellung bezieht. Insbesondere ist ihr zuzustimmen, als einzelne Wohnugnseigentümer zur Geltendmachung von Ansprüchen aus §§ 22 Abs. 1, 14 WEG, 1004 BGB auch dann berechtigt sind, wenn die Gemeinschaft als Verband die Ansprüche durch Beschluss an sich gezogen hat. Die gegenteilige Auffassung (vgl. LG München Az.: 36 S 1580/11) verkennt, dass die Beeinträchtigung eines einzelnen Wohnungseigentümers nicht idetisch mit der Beeinträchtigung der Eigentümergemeinschaft sein muss, so dass der einzelne Eigentümer weitergehende Ansprüche besitzten kann als die Gemeinschaft (z.B. bei der Frage zumutbarer optischer Beeinträchtigung).
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
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