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Verwalter darf auch ohne Vorbefassung der Gemeinschaft Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche wegen nicht genehmigter Nutzung des Gemeinschaftseigentums gerichtlich durchsetzen
AG Bottrop, AZ: 20 C 15/22, 02.02.2023
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Der Verwalter verfügt gem. § 9b Abs. 1 S. I WEG über eine umfassende, nach außen unbeschränkte gesetzliche Vertretungsmacht, die ihn unabhängig von Beschlüssen der Eigentümer (s. Bärmann, aaO, § 9b Rdnr. 28 ff) berechtigt, eigenständig Prozesse für die WEG zu führen. Die mangelnde Rückendeckung durch die Eigentümer berührt die Außenvollmacht nicht, sie betrifft lediglich das Innenverhältnis zwischen WEG und Verwalter (vgl. Bärmann, aaO, § 27 Rdnr. 179), so dass sich dieser bei unbefugter Prozessführung nur gegenüber der WEG zu verantworten hat.

Das Lagern von Gegenständen gehört nicht zum erlaubten Gebrauch eines Garagendaches. Denn dabei handelt es sich nicht um eine der Beschaffenheit eines Garagendaches gemäße Nutzung.

Ein Dach dient dem Abschluss eines Gebäudes nach oben und soll das Eindringen von Feuchtigkeit in die darunter liegenden Räume verhindern. Darin erschöpft sich die Zweckbestimmung eines Daches, so dass äuch jede weitere Nutzung zu anderen - privaten - Zwecken verboten ist. Das Betreten von Dächern ist daher nur zu Instandsetzungs- bzw. InstandhaItungsmaßnahmen erlaubt. Jede anderweitige Nutzung, die das Betreten eines Daches erfordert, kann die hierfür nicht ausgelegte Dachkonstruktion beschädigen und gefährdet damit deren Schutzzweck.
Die Entscheidung dürfte nach altem Recht zutreffend sein. Nach dem neuen WEG-Recht kann die Entscheidung des AG Bottrop aber nicht richtig sein.

Der Gesetzgeber hat in den §§ 19, 20 WEG n.F. ausdrücklich geregelt, dass die Gemeinschaft Nutzungsregelungen und bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums beschließen kann und einem Eigentümer bestimmte Gemeinschaftsflächen zu einer bestimmten Nutzung zuweisen kann, sofern die anderen Eigentümer hierdurch nicht wesentlich benachteiligt werden.

Dies bedeutet allerdings, dass die Gemeinschaft Unterlassungsansprüche solange nicht durchsetzen kann, bis die Wohnungseigentümer über eine Genehmigung oder deren Ablehnung entschieden haben (so auch zutreffend LG Karlsruhe Az. 11 S 135/21; AG Unna Az. 18 C 25/22).

Dies hat nichts mit der Prozessführungsbefugnis des Verwalters zu tun, sondern mit dem Umstand, dass aufgrund der nicht erfolgten Vorbefassung der Wohnungseigentümer ungeklärt ist, ob die Mehrheit der Eigentümer die Nutzung des Garagendaches genehmigt und somit der Anspruch, den der Verwalter hier vollmachtlos durchzusetzen versucht, ins Leere geht.

Daher hätte der Verwalter zunächst eine Versammlung einberufen müssen, um eine Ermessensentscheidung der Wohnungseigentümer herbeizuführen.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop