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Beschluss über die Jahresabrechnung ist seit dem 01.12.2020 teilnichtig; § 28 Abs. 2 WEG; (a.A.: LG Dortmund 1 S 85/22)
LG Frankfurt am Main, AZ: 2-13 S 85/22, 11.05.2023
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§§ 23, 28 Abs. 2 WEG
1. Die Teilnahme eines Nichteigentümers an der Versammlung führt nicht zu einem kausalen Mangel, wenn nicht vorgetragen noch ersichtlich ist, dass sich der Anfechtende oder ein anderer Wohnungseigentümer durch die Teilnahme in seinem Rederecht oder seiner Meinungsbildung beeinflusst sah.

2. Auch im Beschlussanfechtungsverfahren entscheidet das Gericht abschließend und umfassend über die Gültigkeit des Beschlusses, so dass mit der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung verbindlich feststeht, ob der Beschluss Rechtswirkungen entfaltet oder nicht, so dass weiterhin Gründe für die Nichtigkeit des Beschlusses von Amts wegen zu prüfen, wobei sich die Hinweispflicht nun aus § 139 ZPO ergibt.

Dass mit dem Beschluss nicht wie in § 28 Abs. 2 WEG vorgesehen, die Anpassung von Vorschüssen bzw. das Einfordern von Nachschüssen beschlossen wurde, sondern die Abrechnungen "anerkannt" wurden, führt zwar nicht zur Nichtigkeit der Beschlüsse insgesamt, hat aber die Teilnichtigkeit insoweit zur Folge, als die Beschlussfassung über die Beschlusskompetenzen des § 28 Abs. 2 WEG hinausgeht und auch die Einzel- und Gesamtabrechnung erfasst.

Ein derartiger Beschluss ist insoweit teilnichtig, als er bei objektiv-normativer Betrachtung über die Anpassung der Vorschüsse und die Anforderung von Nachschüssen hinausgeht, indem durch die "Genehmigung der Abrechnung" auch das Rechenwerk als solches beschlossen wird.

Gegen eine vollständige Nichtigkeit spricht, dass ein derartig formulierter Beschluss der üblichen Beschlussfassung zum alten Recht entspricht. Damals war aber die Abrechnungsspitze, die inhaltlich der heutige Beschlussgegenstand des § 28 Abs. 2 WEG ist, bereits zentraler Beschlussgegenstand (BGH ZWE 2012, 373; st. Rspr.). Damit ist es jedoch ausgeschlossen, einen Beschluss, der jedenfalls "als Kern" den Beschlussgegenstand des § 28 Abs. 2 WEG enthält, insgesamt als nichtig anzusehen. Zumindest für diesen "Beschlusskern" ist eine Beschlusskompetenz nicht entfallen, so dass soweit dies möglich ist, er "herauszuschälen" ist.
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Dieses Urteil wurde eingestellt von RA Frank Dohrmann, Bottrop
Keywords: Rechtsanwalt Frank Dohrmann Bottrop